in: unternehmermagazin 7/8 2015, S. 44 ff.
Vorwort – Mâze im heutigen Familienunternehmen: Ausgangspunkt meiner Ausführungen ist die Überzeugung, dass sich der Blick auf das Fremde aus vielerlei Gründen lohnt. Ich möchte im Folgenden die für mich in hiesigem Zusammenhang wichtigsten herausgreifen: Zum einen kann uns das (zumindest vorbehaltlose und positiv-neugierige) Betrachten des Fremden neue/ andere Einstellungen, Haltungen – eben das Andere und Ungeahnte sehr einfach eröffnen. Wenn wir dieses dann ggf. zum zweiten nachahmen bzw. auf das uns Bekannte übertragen, hilft es uns möglicherweise, neue Wege zu beschreiten. Zum dritten bringt der Blick auf das Fremde auch Abstand zum (allzu) Bekannten und macht damit durch die Distanz Bewusstheit über die eigene blinde Verstricktheit möglich. Viertens kann durch den Vergleich des Fremden mit dem Bekannten das vermeintlich unumstößlich Gesetzte hinterfragt und im besten Falle neu gedacht werden(1) . Voraussetzung dafür ist natürlich echte Offenheit. Und so lade ich Sie ein, sich von mir in eine andere Welt entführen zu lassen. In eine Welt, die zwar geographisch ganz nahe liegt, aber zeitlich sehr fern. Ich möchte mit Ihnen zusammen in die Zeit und vor allem Gedankenwelt der eher gehobenen Schicht in Mitteleuropa um das Jahr 1200 eindringen. Und dies natürlich nicht um der Exotik willen, nein, es geht dabei vielmehr darum, die eigene (Familienunternehmens-) Welt hinterher möglicherweise an einem kleinen Eckchen besser zu verstehen und vielleicht sogar mit aktuellen Herausforderungen dadurch besser umgehen zu können. Am Ende des Beitrags dürfen Sie darüber urteilen, inwieweit es sich gelohnt hat, mir auf meinem Weg in die mittelhochdeutsche Heldenepik und die Gedankenwelt der Rittertugenden zu folgen.
Kurze Einführung in die Rahmenbedingungen der mittelhochdeutschen Ritterepik: Bitte befreien Sie sich von allen bisherigen Vorstellungen, die Sie über mittelalterliche Heldenepik und Ritterstoffe wahrscheinlich haben. Denn sie sind in der Regel pures 19. Jahrhundert und stark von Wagners Tristan, Parzival und dem Ring der Nibelungen geprägt. Diese haben aber außer den Namen der Helden nichts mit der mittelhochdeutschen Literatur gemein und sind hier in keiner Weise gemeint.
Stellen Sie sich lieber vor, Sie leben am Ende des 12. Jahrhunderts als kleiner Feudalherr irgendwo in Bayern. Sie sind zwar ein Ritter, der für seinen Lehensherrn Kriegsdienst leisten muss, führen aber ansonsten ein Leben, das sich kaum von dem der (Fron-)Bauern unterscheidet. Ihr bäuerlicher Alltag wird im Sommer vielleicht durch ein paar Raubüberfälle auf Nachbarn oder Durchreisende unterbrochen, im Winter gibt es aber nur das Leben in der kleinen, kalten, dunklen, stinkenden und vor allem zugigen Burg, in dem selbst für Sie und Ihre Familie manchesmal das Essen entweder knapp, verdorben oder zumindest nicht sehr abwechslungs- oder gar vitaminreich ist. Ihre kariösen Zähne schmerzen genauso wie Ihre Hüfte, die Sie sich vor Jahren beim Sturz vom Pferd während eines Kampfes gebrochen haben, und die verschoben zusammengewachsen ist(2) .
Da die intellektuellen Bedürfnisse und seelische Verfasstheiten der Menschen damals vermutlich nicht wesentlich anders als heute waren, entfloh man aus dieser unwirtlichen gerne in eine fiktive Welt. So wie wir heute unseren unerträglichen Schichtdienst bei der Straßenbahn, dem Schuhverkäuferinnendasein oder dem Bankschalterdienst entfliehen und Woche für Woche (oder gar täglich) Fernsehserien verfolgen und die auftretenden Figuren bestens kennen, genauso müssen wir es uns vorstellen, wenn ein Spielmann eine ganze Wintersaison über vom Burgherren ausgehalten wurde, um allabendlich vor dem einzigen Feuer in der Kemenate vor der gesamten Burggesellschaft sein Fortsetzungsepos vorzutragen. Seine Zuhörer ließen sich von ihm in eine andere, eine schönere Welt bringen. Mancher Spielmann war ein eloquenter Dichter mit künstlerischem Anspruch, andere waren nur stümperhafte Possenreißer. Eben genau so, wie sich heute auch nicht alle Fernsehserien oder –filme auf dem gleichen Niveau befinden. In diesem Zusammenhang möchte ich unbedingt folgendes vorab stark markieren, damit es zu keinen Missverständnissen kommt: Die mittelhochdeutschen Heldenepen, auf die ich gleich näher eingehen werde, spiegelten niemals die Wirklichkeit der Burggesellschaft eins zu eins wider. Wenn Alltagsrealität in die Erzählung einfloss, dann allenfalls unbeabsichtigt und eher beiläufig. Sinn und Zweck war es ja gerade, die kalte und oft nicht gerade einfach zu ertragende Realität hinter sich lassen. Man wollte sich in fiktiven, schönen, guten und wohlproportionierten Welten aufhalten. Man wollte sich an der fiktiven Ordnung (bzw., wie wir später am Beispiel sehen werden, auch am Bruch und dem Weg zurück zur richtigen Ordnung) aufrichten. So wie den heutigen Zuschauern eines James Bond Films bewusst ist, dass die Episoden des 007 wenig bis gar nichts mit der echten Knochenarbeit eines Geheimdienstmitarbeiters zu tun haben, so wussten alle Zuhörer in der Kemenate zu jedem Zeitpunkt des Lauschens, dass die fiktiven Artusritter in einer artifiziellen Tugendwelt lebten und diese nichts mit dem (Raub-) Rittertum der historischen Wirklichkeit zu tun hatten. Die Aufgabe des Heldenritters war es, alle Schwachen (wie z.B. die Witwen und Waisen) zu schützen, während ein realer Ritter sich kaum eine durchreisende Kaufmannskutsche entgehen ließ und entweder Wegezoll erpresste oder sich einfach nahm, was zu holen war. Und während der Artusritter nur sehr ritualisiert gegen ebenbürtige Ritter nach fairen und genauen Regeln kämpfte, waren Grenzauseinandersetzungen oder gegenseitiger Viehdiebstahl zwischen zwei kleinen Feudalherren alles andere als regelkonform. Der brutalere und skrupellosere Haudrauf wird in der Regel als Sieger hervorgegangen sein. Nun werde ich Ihnen zwei Ritterepen vorstellen. Sie sind hochartifiziell und zählen zu den besten Werken aus dieser ‚klassischen‘ Periode (keine Sorge: Sie benötigen keine Kenntnisse des Mittelhochdeutschen, denn ich werde auf Neuhochdeutsch paraphrasieren):
Hartmann von Aue: Êrec(3) Der junge Artusritter Êrec begegnet zu Beginn des Epos dem fahrenden Ritter Iders. In dessen Gefolge befindet sich ein Zwerg. Doch ehe es sich Êrec versieht, schlägt ihn der Zwerg. Weil ein Zwerg aber kein angemessener und ritterlicher Gegner auf Augenhöhe ist, fühlt sich Êrec zutiefst gekränkt. Voll Zorn über diese Entehrung eilt er, kurz nachdem Iders und der Zwerg aufgebrochen waren, den beiden unbewaffnet hinterher, um sich zu rächen. Als er bei seiner Verfolgung bei einem verarmten Edelmann Rast macht, erfährt er, dass es auf einer nahegelegenen Burg in Kürze ein Turnier gibt, bei dem Ritter um die Schönheit ihrer Angebeteten kämpfen. Er hört auch, dass Iders offensichtlich auf dem Weg dorthin sei, um wieder wie in den beiden letzten Jahren den Preis für seine Dame zu gewinnen. Als Êrec die Tochter des alten Edelmanns, die schöne Ênîte, sieht, beschließt er augenblicklich, am Turnier teilzunehmen, um Iders zu besiegen und den Preis für Ênîte zu erringen. Der alte Ritter stattet Êrec deshalb mit Waffen aus. Êrec zieht in das Turnier, besiegt Iders und darf daraufhin Ênîte heiraten(4) . Zusammen mit seiner schönen Frau reist Êrec danach zum Hof seines Vaters und übernimmt dort die Herrschaft. Da er aber so sehr in Ênîte verliebt ist, verbringt er seine Tage ausschließlich mit ihr im Bett und vernachlässigte alles andere, er verligt sich(5) . Das bedeutet, er kommt seinen Ritter- und Herrscherpflichten nicht nach. Er wird deshalb zum Gespött seiner Untertanen und Nachbarn. Als er dies erfährt, beschließt er âventiure zu suchen. Ênîte muss ihn begleiten und ihm als Pferdeknecht dienen. Auf seiner âventiure -Fahrt beweist er sich als edler Ritter und nimmt seine Ritterpflichten wahr, indem er Schwache rettet, Entehrten hilft, ihre Ehre wieder herzustellen etc. Ohne hier die einzelnen Episoden näher zu beschreiben und Êrecs âventiure -Kämpfe in den ritterlichen Tugendkanon einzureihen und ohne auf den in der Mediävistik viel beachteten Doppelweg mit Zwischeneinkehr am Artushof einzugehen(6) , ist hier nur wichtig, dass Êrec und Ênîte am Ende ihres beschwerlichen âventiure -Weges erkennen, dass die mâze (7) die Basis allen Verhaltens darstellen sollte. Ihr Leben war durch das verligen aus dem Gleichgewicht geraten und ist nun durch die ritterlichen Taten gesühnt. Fortan sind Êrec und Ênîte ein vorbildliches Paar, das sich sowohl gegenseitig liebt als auch die Ritter- und Herrschaftspflichten nicht vernachlässigt.
Hartmann von Aue: Îwein(8) Das Ritterepos Îwein entstand quasi als Entwurf eines Gegenkonzepts zu Êrec. Denn auch dieser junge Ritter kennt die mâze nicht. Allerdings macht er sich genau des umgekehrten Vergehens schuldig. Da er nicht den Fehler Êrecs begehen und sich nicht verligen will, bricht er sofort nach seiner Hochzeit mit Laudine auf, um sich als Ritter zu bewähren. Doch Îwein „verrîtet “ sich. Als junger strahlender Ritter steigen ihm sozusagen seine Erfolge zu Kopf und so jagt er von einer âventiure zur andern. Darüber vergisst er seine Frau. Auch er muss sich deshalb in vielen Episoden bewähren, um am Ende (des Winters) zu erkennen, dass er der mâze bedarf und beidem gerecht werden muss: der Verantwortung als Ritter und seiner Verantwortung als Familienoberhaupt gleichermaßen. Auch er ist nun geläutert und ein liebender Ehemann und Ritter zugleich.
Folgerung: Die beiden Protagonisten haben gefehlt und entweder ihre Ritterpflichten (Îwein) oder ihre Ehepflichten (Êrec) in den Vordergrund gestellt. Erst die Erkenntnis, dass die mâze Basis aller Tugend und alles Tuns ist, machte sie zu vollkommenen und vorbildlichen Artusrittern, Herrschern und Familienoberhäuptern.
Übertragung auf das heutige Familienunternehmertum: Nun muss ich Sie bitten, wieder in unserer Welt des 21. Jahrhunderts zurück zu kehren – zurück in die Familienunternehmenswelt und Êrec und Îwein nur als Vergleichsfolie mitzunehmen. Sie ahnen es sicher schon: Gerne möchte ich Sie auffordern, das Rittertum als Bild für das Unternehmertum zu verstehen. Denn beide Systeme sind Ordnungen, die ein hohes Maß an Verantwortung gegenüber den anderen enthalten (hier z.B. gegenüber Witwen und Waisen, dort z.B. gegenüber Mitarbeitenden). Dabei ist es allerdings durchaus legitim, dass der Ritter dadurch große Ehre (quasi als persönlichen Lohn) erringt, so wie es überhaupt nicht ehrenrührig ist, dass ein Unternehmern bei aller sozialen Verantwortung auch Gewinne erwirtschaften darf. Êrec und Îwein strauchelten, weil zwei unterschiedliche und sich gegenseitig mehr oder weniger ausschließenden Systeme bzw. Welten (die Ritterwelt und die Ehewelt) Ansprüche an sie stellten. Genauso stellt für alle Familienunternehmer*innen das System Unternehmen und das System Familie unterschiedliche Anforderungen. Êrec und Îwein lösten dieses Dilemma zunächst, indem sie sich für eine der Welten entschieden. Und scheiterten. Erst nach einem längeren bewusstseinsbildenden Weg, der in der ritterlichen âventiure -Fahrt mit vielen Hindernissen und Hürden versinnbildlicht ist, wird ihnen klar, dass es keine Entweder-oder-Entscheidung sein darf, sondern alle Ansprüche gleichermaßen Beachtung finden müssen. Dies gelingt ihnen durch das Konzept der mâze .
verligen versus verrîten = family first versus business first Wenn wir nun die Êrec- und Îwein-Folie an uns bekannte Unternehmer*innen anlegen, so kommen Sie sicherlich zum selben Ergebnis wie ich: Viele (Vollblut)-Unternehmer*innen sind Îweins und verrîten sich lieber als sich den Vorwurf des Verligens anhören zu müssen. Und tatsächlich geben laut einer empirischen Studie 90% von 258 befragten Familienunternehmer*innen an, den Unternehmensinteressen den Vorrang zu geben und nach dem Prinzip ‚business first‘ zu handeln(9) . Nun höre ich die Unternehmer*innen geradezu murren: „Was soll daran schon schlecht sein? Ich stehe zu meinem Îwein – das Prinzip ‚business first‘ stimmt!“. Richtig ist, dass die Haltung ‚business first‘ Unternehmensentscheidungen schnell und vordergründig unproblematisch möglich macht. Vermutlich aber nur kurzfristig. Bezieht man die lange Frist mit ein, so muss durchaus vor allem bei intern wie extern verursachten Krisen damit gerechnet werden, dass Familienmitglieder oder Gesellschafter*innen einmal quer liegen und ihren Tribut fordern. Erst die Beachtung aller Anspruchsgruppen und Einstellungen und Haltungen gibt nachhaltige Sicherheit, dass wichtige Unternehmensentscheidungen von allen mitgetragen und nicht von unerwarteter Seite torpediert werden.
Mâze Wie bereits mehrmals angedeutet, stellt das mittelalterliche ritterliche Tugendsystem genau für diese Haltung einen Begriff zur Verfügung: mâze . Um diesen Begriff noch etwas besser zu definieren, beschreibe ich zunächst, was er nicht bedeutet:Mâze hat nichts mit der so oft bemühten work-life-balance zu tun. Bei ihr geht es um die individuelle Ausgewogenheit, die beispielsweise vor burn-out o.ä. schützt und damit die individuelle Leistungsfähigkeit bewahrt. Wichtig ist mir auch, dass mit diesem Begriff nicht das neuhochdeutsche ‚Maßhalten‘ gemeint ist. Es kommt zwar aus demselben Wortstamm, hat aber eine Bedeutungsverschiebung erfahren. ‚Maßhalten‘ bedeutet heute Disziplin, Begrenzung, Beschränkung, nicht voll ausschöpfen, also ein ‚Weniger‘: ‚maßvoll‘ essen, heißt aufzuhören, bevor man satt ist; ‚maßhalten‘ beim Trinken bedeutet, abzubrechen, bevor die Wirkung des Alkohols eintritt.Mâze bedeutet hingegen vielmehr den Ausgleich, die Balance bzw. den Einbezug zweier (mehrerer) Systeme mit unterschiedlichen Anforderungen, die sich zum Teil widersprechen, also eher ein ‚Mehr‘. Mit mâze ist ein ‚Sowohl-als-auch‘ gemeint, jedem sein angemessenes (auch hier ist wieder der selbe Wortstamm enthalten!) Recht zukommen zu lassen, alle im rechten Maß zu berücksichtigen. Gerne möchte ich deshalb den Begriff mâze in das Vokabular der Unternehmerfamilien einführen, denn er hat verschiedene Vorteile: 1. Mâze ist ein Terminus für etwas, für das wir keinen einzelnen Begriff (mehr) besitzen. Wir benötigen ganze Halbsätze wie „die Berücksichtigung mehrerer Systeme gleichzeitig“ o.ä. Der Begriff macht es möglich, etwas konkret zu benennen, was viele Unternehmerfamilienmitglieder als Herausforderung zwar empfinden, aber mangels Begrifflichkeit nicht benennen und daher kaum begreifen können (Begriff kommt ja von begreifen). 2. Schon wieder höre ich die Unternehmer grummeln: „Was will ich mit dem Wischi-Waschi. Ich brauche eine eindeutige Richtschur, die gilt!“. Mit mâze haben wir aber eine eindeutige Leitlinie. Der Ausgleich und der Einbezug, das Sowohl-als-auch ist eine normative Vorgabe. Es mag zwar paradox anmuten, aber viele Unternehmer können sehr gut mit solchen scheinbaren Paradoxien umgehen. Denken Sie nur an Aussagen wie: Bei uns ist eine der beständigsten Traditionen die Veränderung. So wie hier die Flexibilität zur Beständigkeit geworden ist, genau so macht die mâze das Abwägen, das Sowohl-als-auch, das Changieren zur Eindeutigkeit.Mâze entzieht sich dem Vorwurf der Unentschiedenheit, denn sie ist normativ. 3. Mâze ist positiv besetzt. Sie stellt einen (normativen) Wert an sich dar und muss nicht begründet werden. Sie ist auf ihre Art unangreifbar.
Fazit: Die Tatsache des nötigen Ausgleichs zwischen den Systemen Unternehmen und Familie ist nichts Neues. Viele große und alte und damit erfolgreiche Familienunternehmen betreiben nämlich mâze in Reinkultur(10) . Neu ist nur, dafür einen Begriff zu besitzen. Denn bisher fehlt eine eindeutige Begrifflichkeit. Steht den Unternehmerfamilien aber ein positiver Begriff zur Verfügung, so ist die Rechtfertigung für das eigene Tun vor sich und vor den anderen einfacher. Worte helfen, die Welt zu begreifen und verständlich zu machen. In diesem Sinne propagiert dieser Beitrag keine neue Haltung. Diese ist altbekannt und bewährt. Er möchte nur die Möglichkeit eröffnen, durch geeignetes sprachliches Instrumentarium eine neue Reflexionsstufe und Bewusstheit zu erlangen und das eigene Handeln nicht verschämt und angreifbar, sondern bewusst und überzeugt einzusetzen und sich nicht mehr für ein Verhalten zu schämen, dass dem vermeintlich richtigen und allseits gelobten 'Business-First-Prinzip' zuwiderläuft.
———– (1) Vgl. dazu die Überlegungen von Bernhard Waldenfels, der das Fremde immer in Beziehung oder Abhängigkeit von (bekannter) Ordnung definiert. Vgl. Bernhard Waldenfels, Grundmotive einer Phänomenologie des Fremden, Frankfurt a.M. 2006; Bernhard Waldenfels, Der Stachel des Fremden, Frankfurt a.M. 1990; Bernhard Waldenfels, Bruchlinien der Erfahrung, Frankfurt a.M. 2002 (2) Vgl. Marco Evers, Trutzbau der Macht, in: Annette Großbongardt/ Johannes Saltzwedel (Hg.), Leben im Mittelalter. Der Alltag von Rittern, Bauern und Kaufleuten, Stuttgart 3 2014, S. 172-179; vgl. auch Sabine Buttinger, Das Mittelalter, Aalen 2012, insb. S. 81 ff.; Sabine Buttinger/ Jan Keupp, Die Ritter, Aalen 2013; Rolf Schneider, Alltag im Mittelalter, München 2012, insb. S. 164 ff. (3) Textkritische Ausgabe z.B.: Hartmann von Aue. Êrec. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch, hg.v. Volker Mertens Stuttgart 2008 (4) Anders als in Märchen oder Filmen üblich, ist diese Hochzeit nicht das Ende der Geschichte, sondern der Beginn. (5) Vers 2971: unz daz er sich sô gar verlac (6) Möglicherweise war der Winter auch noch nicht vorüber und so mussten noch weitere Episoden eingeflochten werden. Downton Abbey hätte auch nach der zweiten Serie beendet sein können, wartet aber jedes Jahr vor Weihnachten – man beachte: es ist die dunkle kalte Jahreszeit – wieder mit mindestens neun weiteren Episoden auf. (7) Grundlegend zur mâze als Voraussetzung und Ziel: Gustav Ehrismann, Die Grundlage des ritterlichen Tugendsystems, Nachdruck in: Ritterliches Tugendsystem, hg. v. Günter Eifler, Darmstadt 1970, S. 1-84, zu Êrec insbes. S. 62 ff., zu Îwein insbes. S. 69 ff. (8) Textkritische Ausgabe z.B.: Hartmann von Aue, Îwein. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch, hg. v. Rüdiger Krohn u.a., Stuttgart 2012 (9) Christoph Kolbeck/ Tim Bauer, Family Governance in Deutschen Familienunternehmen. Eine empirische Bestandsaufnahme und Handlungsimplikationen, EQUA-Schrifternreihe Heft 9/2011, Bonn 2011, S. 21 (10) Vgl. hierzu: „Im Gegensatz zu betriebswirtschaftlicher Rationalität ist intelligente Paradoxiefreundlichkeit in der Lage, Ambivalenzen auszuhalten und Familien- und Organisationslogik auf kluge Weise auszubalancieren“, Arist von Schlippe, Das kommt in den besten Familien vor… Systemische Konfliktbearbeitung in Familien und Familienunternehmen, Stuttgart 2014, S. 156. Dort findet sich auch weiterführende Literatur über ein Studienprojekt mit großen alten Familienunternehmen, das gezeigt hat, dass diese Unternehmen den Ausgleich aller Anspruchsgruppen betreiben und beherrschen und dies möglicherweise ein wesentlicher Grundstein für ihren nachhaltigen unternehmerischen Erfolg ist.