EQUA Datenbank-Fachliteratur

Hier finden Sie weit über 2000 insbesondere deutschsprachige Publikationen, die sich speziell mit Familienunternehmen befassen.
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Gómez, Gonzalo
2004

Typologies of Family Business

A Conceptual Framework Based on Trust and Strategic Manament

aus
in: Astrachan, Joseph H./ Poutziouris, Panikkos/ Soufani, Khaled (Hrsg.), Family Business Casebook Annual 2004, S. 27-52
Bibliografie
Eigenverlag
ISBN 0-9753893-0-0
Gómez-Betancourt, Gonzalo
López Vergara, María Piedad
2013

Graterol Macjinery and Tools

aus
in: Astrachan, Joseph H./ Pieper Torsten M. (Hrsg.), Family Business Casebook 2010-2012, S. 1-21
Bibliografie
Eigenverlag
ISBN 0-9753893-7-8
Gómez-Betancourt, Gonzalo
López Vergara, María Piedad
Betancourt Ramiez, José Bernardo
2013

The Dynasty Model for Entrepreneur Families

Vehiculos de la Sierra S.A.

aus
in: Astrachan, Joseph H./ Pieper Torsten M. (Hrsg.), Family Business Casebook 2010-2012, S. 23-48
Bibliografie
Eigenverlag
ISBN 0-9753893-7-8
Götz, Walter
2000

Die Besetzung der Führungsposition in familiengeprägten mittelständischen Kapitalgesellschaften

aus
in: Hommelhoff, Peter/ Schmidt-Diemitz, Rolf/ Sigle, Axel (Hrsg.), Familiengesellschaften. Festschrift für Walter Sigle zum 70. Geburtstag, S. 59-78
Bibliografie
Dr. Otto Schmidt
ISBN 3-504-06208-8
Götzen, Thomas
2014

Buyouts aus Familienunternehmen

Corporate Governance, strategischer Wandel und Wachstum

aus
Bibliografie
V&R unipress
ISBN 978-3-8471-0234-2
Günther, Rüdiger
2005

Kapitalmarkt bietet Mittelstand Chancen

aus
in: Familienunternehmen heute, INTES Jahrbuch 2006, S. 68-70
Bibliografie
Eigenverlag
ISBN 3-9808036-7-8
Haacke, Brigitte von
2001

Miele - Revolution im Haushalt

Das Familienunternehmen bereitet den Wechsel in die vierte Generation vor

aus
in: Familienunternehmen heute, INTES Jahrbuch 2002, S. 123-127
Bibliografie
Eigenverlag
ISBN 3-9808036-0-0
Haarmann, Wilhelm (Hrsg.)
Schüppen, Matthias (Hrsg.)
2005

Frankfurter Kommentar zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz

aus
Bibliografie
Recht und Wirtschaft
ISBN 3-8005-1381-1
Haas, Bruno
2011

Vermögende fordern Vermögensabgabe

Eine neue Form des Engagements vermögender BürgerInnen

aus
in: Druyen, Thomas (Hrsg.), Vermögenskultur. Verantwortung im 21. Jahrhundert, S. 257-275
Bibliografie
VS Verlag
ISBN 978-3-531-17375-7
Haas, Jonas
Seiter, Mischa
2024

Innovation durch Inkubatoren

Wie Inkubatoren Innovationsprozesse in Familienunternehmen verbessern können

aus
Innovation
in: FuS 2/2024, S. 52-57
Bibliografie
Unternehmensführung
Habermann, Heatherv
Danes, Sharon

Father-Daughter and Father-Son Family Business Management Transfer Comparison

Family FIRO Model Application

aus
in: Family Business Review XX No 2 (Juni 2007), S. 163-184
Bibliografie
Habig, Helmut
Berniunghaus, Jochen
2010

Die Nachfolge in Familienunternehmen ganzheitlich regeln

aus
Bibliografie
Springer
ISBN 978-3-642-01239-6
Hack, Andreas
2021

Marke Familienunternehmen

aus
in: Rüsen, Tom (Hrsg.), Theorie und Praxis der Unternehmerfamilie und des Familienunternehmens, Festschrift für Arist von Schlippe, S. 72-78
Bibliografie
V&R
ISBN 978-3-525-45419-0
Hafenmayer, Wolfgang
2011

Über Venture-Philanthropie

aus
in: Druyen, Thomas (Hrsg.), Vermögenskultur. Verantwortung im 21. Jahrhundert, S. 277-296
Bibliografie
VS Verlag
ISBN 978-3-531-17375-7
Haftlmeier-Seiffert, Rena
2016

Fetter Speck und Vitaminsalat. Die Werteprägung einer Unternehmerfamilie als Brücke zwischen Tradition und Zukunft

aus
Verantwortung
Werte
in: Unternehmertum Südwestfalen, Sonderausgabe Dezember 2016, S. 18
EQUA Publikation
Unternehmerverlag Südwestfalen
Werteorientierung

Mit der Ungewissheit der Zukunft kann man unterschiedlich umgehen. So halten die einen an Altbewährtem fest, um damit Ungewissheiten durch den Ausschluss von Veränderung zu minimieren, während andere möglichst viel Information sammeln, um die Zukunft (scheinbar) vorhersehbar und gewiss zu machen, und wieder andere begreifen die Ungewissheit blind als positive Option.

Diese Umgangsweisen mit der Ungewissheit der Zukunft scheinen allerdings für Unternehmerfamilien nicht gerade hilfreich. Denn mit keiner würden sie ihrer ureigenen Aufgabe gerecht, ihr Unternehmen nachhaltig zu sichern.

Würden die Unternehmerfamilien aus Angst vor Ungewissheit an Traditionen blind festhalten, dann würde ein heutiger Autoteilebauer noch immer Hufeisen für Pferde schmieden. Genauso ist die allumfassende Information, die die Zukunft (scheinbar) berechenbar macht, eine Schimäre. Denn erstens kann es keine vollständige Information geben und zweitens dauerte das Sammeln so lange, dass unternehmerisches Handeln unmöglich ist. Wird die Ungewissheit jedoch ungebremst als solche akzeptiert, dann läuft eine Unternehmerfamilie Gefahr, den Untergang des Unternehmens zu riskieren.

Weil Werte nicht konkret, sondern normativ sind, eignen sie sich, die Zukunft im Rückgriff auf traditionelle Überzeugungen so zu gestalten, dass die Ungewissheit schwindet.

Zur Illustration:

Vielleicht hatte früher einmal ein Hufschmied angewiesen, dass jeder Lehrling zum Mittagessen drei Kartoffeln, eine Kelle Sauerkraut und ein handtellergroßes Stück fetten Speck bekommen solle.

Würde solches Essen heute in der Kantine des Urenkels mit der Überzeugung ausgegeben, dass dies richtig sei, weil es früher richtig war, dann erkrankten bald alle Mitarbeiter an Fettleibigkeit.

Wollte der Urenkel hingegen die Cholesterinwerte, den Blutdruck etc. seiner Mitarbeiter und sämtliche Lebensmittelnährwerte sammeln und daraus den Kantinenspeisenplan berechnen, so würde dies so lange dauern, bis alle Mitarbeiter Hungerkrämpfe bekämen.

Versteht man aber die hinter Sauerkraut und Speck liegenden normativen Werte des Hufschmieds, nämlich: die Mitarbeiter wohlwollend zu behandeln, sie der Arbeit angemessen zu ernähren, dann bedeutet dies heute, dass in der Kantine des Autoteilebauers keine billigen Fertiggerichte aufgewärmt, sondern aus besten Zutaten frisch zubereitete Speisen serviert werden.

Werte sind normativ. Sie sind keine konkreten Handlungsanweisungen, sondern eignen sich, Situationen zu bewerten und zu gestalten. Sie helfen Ungewissheit in Gewissheit zu verwandeln, ohne einzuengen. Sie bilden die Brücke zwischen fettem Speck und Vitaminsalat.

Haftlmeier-Seiffert, Rena
Cravotta, Sven

Das Chamäleon-Modell als Erklärungsmuster für die Organisationsstrukturen von Unternehmerfamilien

aus
Eigentümerfamilie
Familieneinfluss
Familienmanagement
Organisation der Unternehmerfamilie
in: ZfKE 67. Jg 1/2019, S. 1-34
EQUA Publikation
Unternehmensführung
Haftlmeier-Seiffert, Rena
2018

Weshalb machen Unternehmerfamilien eine Stiftung zur Eigentümerin des eigenen Unternehmens?

Analyse der Motivationen an vier Fallbeispielen

aus
Anteilsübertragung
Familieneinfluss
Zukunftssicherung
Eigentümerfamilie
Erbschaft
in: Achleitner, Ann-Kristin/ Block, Jörn/ Strachwitz, Rupert (Hrsg.), Stiftungsunternehmen: Theorie und Praxis, S. 165-178
EQUA Publikation
SpringerGabler
ISBN 978-3-658-18989-1
Unternehmensnachfolge
Haftlmeier-Seiffert, Rena
2019

Nachhaltigkeit in Familienunternehmen und Klosterökonomien

Ein Vergleich mithilfe des Getriebemodells der Nachhaltigkeit

aus
Nachhaltigkeit
Verantwortung
Werte
in: Feldbauer-Durstmülller, Birgit/ Wolf, Tanja/ Neulinger, Maximilian (Hrsg.), Unternehmen und Klöster, S. 133-156
EQUA Publikation
SpringerGabler
ISBN 978-3-658-26693-6
Werteorientierung
Haftlmeier-Seiffert, Rena

Perspektivwechsel – vom Investor zum Eigenkapitalpartner

aus
Private Equity
in: ZusammenWachsen. Dialogmedium für Unternehmerfamilien 01/2015, S. 10
EQUA Publikation
Resilienz

Familienunternehmer denken bei dem Wort Kapitalbeteiligung oder Private Equity oft zunächst an Finanzinvestoren, die man möglichst nicht im eigenen Unternehmen haben möchte. Diese nicht immer unbegründeten Vorbehalte basieren auf folgenden Erfahrungen oder Befürchtungen: Erstens werde die eigene unternehmerische Freiheit und Unabhängigkeit durch die Investoren massiv beschnitten, zweitens unterlägen unternehmerische Strategien fortan der Investorenmentalität, die hohe Renditen zum Selbstzweck erklärten und nicht als Mittel zum Zweck verstünden, und drittens diene die Finanzinvestition ausschließlich dem Ziel einer kompletten Übernahme und im Anschluss daran dem lukrativen Unternehmensverkauf. Deshalb bedeutet für viele Unternehmer die Aufnahme von Eigenkapitalbeteiligungen den Anfang vom Ende des eigenen Familienunternehmens.

Ganz abgesehen davon, dass nicht alle Private Equity Gesellschaften ‚Heuschrecken‘ sind oder sein müssen und manche durchaus bereit sind, als Co-Investoren Minderheitenbeteiligungen zu akzeptieren, und dass manche großen Sachverstand mitbringen und damit dem Unternehmen konstruktiv helfen können, eine Krise nicht nur finanztechnisch, sondern auch strukturell und inhaltlich zu überwinden, haben mache Familienunternehmen durchaus gute Erfahrung mit Finanzinvestoren gemacht. Denn selbst wenn die meisten erzählen, dass es ein großer Kraftakt war, sich nach einiger Zeit von den Finanzinvestoren zu befreien und die Anteile wieder zurück zu kaufen, so geben sie gleichzeitig (hinter vorgehaltener Hand) zu, dass sie erstens die nötigen Umstrukturierungen niemals alleine schaffen hätten können, da ihnen das professionelle Know-how dazu gefehlt habe und zweitens die Eigenkapitalbeteiligung sowieso die einzigen Möglichkeit gewesen sei, an frisches Geld zu gelangen, weil alle Banken oder anderen Geldgeber längt abgewinkt hatten. Sie standen quasi mit dem Rücken zur Wand und die Flucht nach vorn stellte die Akzeptanz eines Investors dar.

Um dem Begriff ‚Investor‘ die bei Familienunternehmern damit oft verbundene Assoziation des Verlusts des eigenen Unternehmens zu nehmen und die durchaus auch vorhandenen Chancen aufzuzeigen, hilft ein bewusster Perspektivwechsel.

Gedankenspiel:
Einige Familienunternehmen tun sich zusammen und geben quasi im Tausch Anteile an ein anderes Familienunternehmen ab, um im Gegenzug solche bei sich aufzunehmen.

Da es allerdings einem besonderen Zufall gleichkäme, wenn dies ausgerechnet zwischen zwei Unternehmungen eins zu eins und bilateral möglich wäre, ist in diesem Zusammenhang auch an einen Ringtausch oder kleinen Pool zu denken.

Fiktives Beispiel:
Der sehr saisonabhängige Bikini-Produzent investiert in einen Betreiber einer Skiliftanlage, um so die kurze sommerliche Saison übers Jahr abzufedern. Dieser will sich aber nicht an dem Sommergeschäft des Bikini-Herstellers selbst beteiligen, sondern nimmt lieber die durch ihn erhaltenen Mittel, um in einen Schneekanonenhersteller zu investieren, da diese seine Skilifte profitabler machen, indem sie die Skisaison verlängern und die Abhängigkeit vom natürlichen Schnee verringern. Der Schneekanonen-Hersteller benutzt das erhaltene Kapital aber wiederum, um in einen Urlaubsveranstalter zu investieren, der sich vor allem auf Wintersport spezialisiert hat und Schneesicherheit bei seinen Angeboten garantiert. Dieser leidet allerdings unter dem Winter-Saisongeschäft und möchte sich deshalb bei einem sommersaisonabhängigen Unternehmen einkaufen. Womit wir wieder bei dem Bikini-Produzenten wären und den Ring dieses Gedankenspiels geschlossen hätten.

Perspektivwechsel


Selbst als Investor auftreten und damit diversifizieren:
Bisher haben meist nur sehr große (Familien-) Unternehmen die finanziellen Mittel zu Firmenbeteiligungen und Diversifikation. Allerdings sehen sich natürlich auch die nicht ganz so großen (Familien-) Unternehmen durchaus dem Risiko des Totalverlusts ausgesetzt, wenn sich Bedingungen etc. extern und ohne eigenes Zutun schnell ändern und auch nicht beeinflussen lassen. Beteiligt sich das eigene Unternehmen mit einem Minderheitenanteil an einem anderen Familienunternehmen und gibt gleichzeitig eigene Anteile an ein anderes Familienunternehmen ab (quasi als geschickter ‚Eigenkapitaltausch‘), ließe sich auch ohne wesentliche (zusätzliche) Finanzkraft sowohl eine horizontale Risikominimierung verwirklichen wie auch die vertikale Wertschöpfungskette aktivieren. Familienunternehmen wären somit selbst auch Investoren und hätten damit die Seite gewechselt.

Vertrauen in Kapitalbeteiligungen:
Ganz abgesehen von der horizontalen Risikostreuung und der vertikalen Wertschöpfungsmöglichkeit, die auf der Hand liegen, hätten solche gegenseitigen Beteiligungen einige wunderbare Nebeneffekte. Die Unternehmungen wären es nämlich sozusagen gewöhnt, dass es Eigenkapitalbeteiligungen am eigenen Unternehmen gibt, sie bauen Vertrauen auf und Misstrauen ab. Wenn dann einmal Eigenkapitalbeteiligungen nötig sein sollten, um frische Liquidität zu beschaffen, sind die Hürden wesentlich geringer. (Nicht zuletzt auch weil die Familienunternehmen ganz anders aufgestellt sind, was im Folgenden beschrieben wird).

Transparenz und Professionalisierung:
Familienunternehmen sind nicht selten aufgrund von nach und nach gewachsenen Strukturen und gelebten Werten und häufiger Personenzentrierung (auf allen Ebenen) zwar allen Beteiligten komplett verständlich aber für Außenstehende schwer begreifbar. Solche Strukturen sind natürlich per se weder schlecht noch gut (und können extrem erfolgreich sein), es ist nur schwierig, wenn auf diese Weise organisierte Unternehmen auf Finanzinvestoren treffen. Wären nun aber Familienunternehmen entsprechend unserem obigen Gedankenspiel ineinander investiert, so sind sie bei allem gegenseitigen Vertrauen trotzdem gezwungen, eine größere Transparenz und klare Strukturen zu etablieren, damit der beteiligte Partner gut informiert werden kann, denn schließlich will man selbst ja auch gut über die eigene Investition informiert sein. Ein ‚Anteilstausch‘ trüge damit erheblich zur Transparenz im eigenen Unternehmen bei. Wieder wird es bei einer eventuell nötigen Kapitalbeschaffung durch Finanzinvestoren wesentlich einfacher sein, sich gegenseitig zu verstehen.

Befriedung:
Alle bisherigen Argumente für eine Co-Investition von Familienunternehmen beziehen sich auf unternehmerische Strategien. Gegenseitige Beteiligungen können aber auch familienstrategisch sehr hilfreich sein. Gesellschafterkreise sind systembedingt (und nicht aufgrund irgendwelcher Unzulänglichkeiten von Personen) ziemlich konfliktanfällig und Meinungsverschiedenheiten eskalieren aufgrund von sehr einfach und schnell empfundenen Kränkungen, die dem System Unternehmerfamilie immanent sind, schnell zu Konflikten. Diesen wirken die oben beschriebene Transparenz und klare Informationen und Strukturen genauso entgegen wie auch die Tatsache, dass sich ‚fremde‘ Dritte und quasi familienneutrale Gesellschafter mit im Gesellschafterkreis befinden. Das hat in der Regel einen ausgleichenden und deeskalierenden Effekt und wirkt damit konfliktminimierend. Und dies ist durchaus nicht nur um der Familie willen wünschenswert, sondern auch um des Unternehmens willen, denn jeder Unternehmer weiß, dass ein zerstrittener Gesellschafterkreis und gekränkte Mitglieder unternehmerische Entscheidungen unmöglich machen können.

Co-Investoren sind also, wenn sie sich als Eigenkapitalpartner verstehen und ebenfalls aus der Mitte der Familienunternehmen stammen und nicht zu den allseits bei Familienunternehmen zu Recht wenig geliebten Finanzoptimierern-um-jeden-Preis zählen, eine gute unternehmerische Möglichkeit und sogar Stütze, die vielfältige positive Auswirkungen haben können, die weit über die reine Finanzbeschaffung hinausgehen.

Haftlmeier-Seiffert, Rena
2016

Hinter jedem großen Mann steckt[e] eine starke Frau: Ehefrauen in der Nachfolge

aus
Frauen im Familienunternehmen
Unternehmer*innen-Persönlichkeit
Partnerschaften in Unternehmerfamilien
in: pw 01.16, S. 34
EQUA Publikation
Private Wealth
Unternehmensnachfolge

Es gibt Wissenschaftler, Künstler und besonders viele Unternehmer, deren Schaffenskraft unerschöpflich zu sein scheint. Sie agieren so extrem effizient und stoßen so vieles an, dass man vermuten könnte, deren Tag habe 48 Stunden.

Bei genauerer Betrachtung ist es auch so. Denn hinter beinahe jedem dieser Männer (und solche sind es in der Regel) steckt eine Frau, die ihm nicht nur den Rücken von lästigen Alltagspflichten frei hält, sondern die ihm sogar mit all ihrer Kraft (meist un- oder unterbezahlt) zuarbeitet. Dabei steht sie oft völlig unbeachtet im Hintergrund. Eine solche Frau kann dabei mehrere Funktionen haben. Sie ist zum einen Eingeweihte und kennt alle geheimen und (noch) nicht veröffentlichten Ideen, Konzepte und Neuerungen. Sie ist also sparring partner bei allen kreativen Überlegungen. Zum zweiten ist sie aber auch graue Eminenz. Denn sie ist maßgeblich an allen Entscheidungen im Hintergrund beteiligt und hat nicht selten sogar das ausschlaggebende Letztentscheidungsrecht, wenn auch ohne verbrieftes Mandat. Zum dritten ist sie dabei gleichzeitig auch Lakai und erledigt alle lästigen Routinearbeiten. Diese müssen zwar getan werden, sind aber in der Regel wenig inspirierend und würden dem Mann nur Zeit stehlen. Damit stehen der Figur im Vordergrund also tatsächlich zwei Leben und damit 48 Stunden am Tag zur Verfügung.

Nun gibt es immer wieder Beispiele dafür, dass genau solche Frauen aus dem Hintergrund die Aufgaben des Mannes übernehmen, wenn dieser plötzlich und unerwartet ausfällt. Sie führen dann das Lebenswerk ihres Ehemannes weiter. In der Eigenwahrnehmung ist es in der Regel für sie selbst nur eine organische Fortführung dessen, was sie sowieso schon über Jahre hinweg taten. Für die Umwelt scheint es allerdings so, als ob da eine Frau ‚plötzlich Chefin‘ geworden sei. Sie war es allerdings schon vorher, wenn auch nur im Hintergrund und ohne offizielle Funktion und Position. Und genau weil sie eigentlich keine wirklich neue Aufgabe übernimmt und lediglich fortführt, was sie seit Jahrzehnten tut, kann und weiß, ist sie dann oft auch sehr erfolgreich.

In dem Maße allerdings, in dem Frauen selbständiger erzogen werden und sehr viel selbstbestimmter ihren eigenen Lebensentwürfen folgen, wird es immer weniger Frauen geben, die das Zweitleben ihres Mannes leben wollen. Die schier unerschöpfliche Schaffenskraft der oben beschriebenen Männer wird sich also wohl immer mehr den tatsächlichen 24-Stunden-Tagen anpassen. Und eine Fortführung von etwas Begonnenem ohne großen Bruch wird es immer seltener geben. Zumindest wenn man nicht bewusst und vorausschauend in Unternehmen, an Universitäten und in allen anderen Bereichen Nachfolger/innen einführt und heranzieht. Unternehmer müssen sich also bewusst um einen kompetenten Gesellschafternachwuchs und eine kompetente Führungsebene kümmern. Denn ihre Frauen sind vielleicht Hochschulprofessorin, Pfarrerin oder selbst Unternehmerin und führen ihr eigenes Leben. Ehefrauen in der Nachfolge, im Sinne von Frauen als vorgehaltene, unbezahlte Ressource waren zwar nicht unbedingt die Regel, sie werden aber wohl in Zukunft in unserer Gesellschaft immer seltener anzutreffen sein. ‚Plötzlich Chefin‘ in diesem Sinne wird es deshalb wahrscheinlich kaum mehr geben. Dafür aber hoffentlich immer mehr Chefinnen, die qua Entschluss und aufgrund ihrer Kompetenz ein (eigenes) Unternehmen führen wollen.

Haftlmeier-Seiffert, Rena
2015

Mâze – ein Begriff aus der mittelhochdeutschen Ritterepik, angewandt auf das Familienunternehmen des 21. Jahrhunderts

aus
Gesellschafterkompetenz
in: unternehmermagazin 7/8 2015, S. 44 ff.
EQUA Publikation
Unternehmer Medien
Gesellschafterkompetenz

Vorwort – Mâze im heutigen Familienunternehmen:

Ausgangspunkt meiner Ausführungen ist die Überzeugung, dass sich der Blick auf das Fremde aus vielerlei Gründen lohnt. Ich möchte im Folgenden die für mich in hiesigem Zusammenhang wichtigsten herausgreifen:
Zum einen kann uns das (zumindest vorbehaltlose und positiv-neugierige) Betrachten des Fremden neue/ andere Einstellungen, Haltungen – eben das Andere und Ungeahnte sehr einfach eröffnen.
Wenn wir dieses dann ggf. zum zweiten nachahmen bzw. auf das uns Bekannte übertragen, hilft es uns möglicherweise, neue Wege zu beschreiten.
Zum dritten bringt der Blick auf das Fremde auch Abstand zum (allzu) Bekannten und macht damit durch die Distanz Bewusstheit über die eigene blinde Verstricktheit möglich.
Viertens kann durch den Vergleich des Fremden mit dem Bekannten das vermeintlich unumstößlich Gesetzte hinterfragt und im besten Falle neu gedacht werden(1).
Voraussetzung dafür ist natürlich echte Offenheit.
Und so lade ich Sie ein, sich von mir in eine andere Welt entführen zu lassen. In eine Welt, die zwar geographisch ganz nahe liegt, aber zeitlich sehr fern. Ich möchte mit Ihnen zusammen in die Zeit und vor allem Gedankenwelt der eher gehobenen Schicht in Mitteleuropa um das Jahr 1200 eindringen. Und dies natürlich nicht um der Exotik willen, nein, es geht dabei vielmehr darum, die eigene (Familienunternehmens-) Welt hinterher möglicherweise an einem kleinen Eckchen besser zu verstehen und vielleicht sogar mit aktuellen Herausforderungen dadurch besser umgehen zu können.
Am Ende des Beitrags dürfen Sie darüber urteilen, inwieweit es sich gelohnt hat, mir auf meinem Weg in die mittelhochdeutsche Heldenepik und die Gedankenwelt der Rittertugenden zu folgen.

Kurze Einführung in die Rahmenbedingungen der mittelhochdeutschen Ritterepik:

Bitte befreien Sie sich von allen bisherigen Vorstellungen, die Sie über mittelalterliche Heldenepik und Ritterstoffe wahrscheinlich haben. Denn sie sind in der Regel pures 19. Jahrhundert und stark von Wagners Tristan, Parzival und dem Ring der Nibelungen geprägt. Diese haben aber außer den Namen der Helden nichts mit der mittelhochdeutschen Literatur gemein und sind hier in keiner Weise gemeint.

Stellen Sie sich lieber vor, Sie leben am Ende des 12. Jahrhunderts als kleiner Feudalherr irgendwo in Bayern. Sie sind zwar ein Ritter, der für seinen Lehensherrn Kriegsdienst leisten muss, führen aber ansonsten ein Leben, das sich kaum von dem der (Fron-)Bauern unterscheidet. Ihr bäuerlicher Alltag wird im Sommer vielleicht durch ein paar Raubüberfälle auf Nachbarn oder Durchreisende unterbrochen, im Winter gibt es aber nur das Leben in der kleinen, kalten, dunklen, stinkenden und vor allem zugigen Burg, in dem selbst für Sie und Ihre Familie manchesmal das Essen entweder knapp, verdorben oder zumindest nicht sehr abwechslungs- oder gar vitaminreich ist. Ihre kariösen Zähne schmerzen genauso wie Ihre Hüfte, die Sie sich vor Jahren beim Sturz vom Pferd während eines Kampfes gebrochen haben, und die verschoben zusammengewachsen ist(2).

Da die intellektuellen Bedürfnisse und seelische Verfasstheiten der Menschen damals vermutlich nicht wesentlich anders als heute waren, entfloh man aus dieser unwirtlichen gerne in eine fiktive Welt. So wie wir heute unseren unerträglichen Schichtdienst bei der Straßenbahn, dem Schuhverkäuferinnendasein oder dem Bankschalterdienst entfliehen und Woche für Woche (oder gar täglich) Fernsehserien verfolgen und die auftretenden Figuren bestens kennen, genauso müssen wir es uns vorstellen, wenn ein Spielmann eine ganze Wintersaison über vom Burgherren ausgehalten wurde, um allabendlich vor dem einzigen Feuer in der Kemenate vor der gesamten Burggesellschaft sein Fortsetzungsepos vorzutragen. Seine Zuhörer ließen sich von ihm in eine andere, eine schönere Welt bringen. Mancher Spielmann war ein eloquenter Dichter mit künstlerischem Anspruch, andere waren nur stümperhafte Possenreißer. Eben genau so, wie sich heute auch nicht alle Fernsehserien oder –filme auf dem gleichen Niveau befinden.
In diesem Zusammenhang möchte ich unbedingt folgendes vorab stark markieren, damit es zu keinen Missverständnissen kommt: Die mittelhochdeutschen Heldenepen, auf die ich gleich näher eingehen werde, spiegelten niemals die Wirklichkeit der Burggesellschaft eins zu eins wider. Wenn Alltagsrealität in die Erzählung einfloss, dann allenfalls unbeabsichtigt und eher beiläufig. Sinn und Zweck war es ja gerade, die kalte und oft nicht gerade einfach zu ertragende Realität hinter sich lassen. Man wollte sich in fiktiven, schönen, guten und wohlproportionierten Welten aufhalten. Man wollte sich an der fiktiven Ordnung (bzw., wie wir später am Beispiel sehen werden, auch am Bruch und dem Weg zurück zur richtigen Ordnung) aufrichten. So wie den heutigen Zuschauern eines James Bond Films bewusst ist, dass die Episoden des 007 wenig bis gar nichts mit der echten Knochenarbeit eines Geheimdienstmitarbeiters zu tun haben, so wussten alle Zuhörer in der Kemenate zu jedem Zeitpunkt des Lauschens, dass die fiktiven Artusritter in einer artifiziellen Tugendwelt lebten und diese nichts mit dem (Raub-) Rittertum der historischen Wirklichkeit zu tun hatten. Die Aufgabe des Heldenritters war es, alle Schwachen (wie z.B. die Witwen und Waisen) zu schützen, während ein realer Ritter sich kaum eine durchreisende Kaufmannskutsche entgehen ließ und entweder Wegezoll erpresste oder sich einfach nahm, was zu holen war. Und während der Artusritter nur sehr ritualisiert gegen ebenbürtige Ritter nach fairen und genauen Regeln kämpfte, waren Grenzauseinandersetzungen oder gegenseitiger Viehdiebstahl zwischen zwei kleinen Feudalherren alles andere als regelkonform. Der brutalere und skrupellosere Haudrauf wird in der Regel als Sieger hervorgegangen sein.
Nun werde ich Ihnen zwei Ritterepen vorstellen. Sie sind hochartifiziell und zählen zu den besten Werken aus dieser ‚klassischen‘ Periode (keine Sorge: Sie benötigen keine Kenntnisse des Mittelhochdeutschen, denn ich werde auf Neuhochdeutsch paraphrasieren):

Hartmann von Aue: Êrec(3)

Der junge Artusritter Êrec begegnet zu Beginn des Epos dem fahrenden Ritter Iders. In dessen Gefolge befindet sich ein Zwerg. Doch ehe es sich Êrec versieht, schlägt ihn der Zwerg. Weil ein Zwerg aber kein angemessener und ritterlicher Gegner auf Augenhöhe ist, fühlt sich Êrec zutiefst gekränkt. Voll Zorn über diese Entehrung eilt er, kurz nachdem Iders und der Zwerg aufgebrochen waren, den beiden unbewaffnet hinterher, um sich zu rächen.
Als er bei seiner Verfolgung bei einem verarmten Edelmann Rast macht, erfährt er, dass es auf einer nahegelegenen Burg in Kürze ein Turnier gibt, bei dem Ritter um die Schönheit ihrer Angebeteten kämpfen. Er hört auch, dass Iders offensichtlich auf dem Weg dorthin sei, um wieder wie in den beiden letzten Jahren den Preis für seine Dame zu gewinnen. Als Êrec die Tochter des alten Edelmanns, die schöne Ênîte, sieht, beschließt er augenblicklich, am Turnier teilzunehmen, um Iders zu besiegen und den Preis für Ênîte zu erringen. Der alte Ritter stattet Êrec deshalb mit Waffen aus. Êrec zieht in das Turnier, besiegt Iders und darf daraufhin Ênîte heiraten(4).
Zusammen mit seiner schönen Frau reist Êrec danach zum Hof seines Vaters und übernimmt dort die Herrschaft. Da er aber so sehr in Ênîte verliebt ist, verbringt er seine Tage ausschließlich mit ihr im Bett und vernachlässigte alles andere, er verligt sich(5). Das bedeutet, er kommt seinen Ritter- und Herrscherpflichten nicht nach. Er wird deshalb zum Gespött seiner Untertanen und Nachbarn.
Als er dies erfährt, beschließt er âventiure zu suchen. Ênîte muss ihn begleiten und ihm als Pferdeknecht dienen. Auf seiner âventiure-Fahrt beweist er sich als edler Ritter und nimmt seine Ritterpflichten wahr, indem er Schwache rettet, Entehrten hilft, ihre Ehre wieder herzustellen etc. Ohne hier die einzelnen Episoden näher zu beschreiben und Êrecs âventiure-Kämpfe in den ritterlichen Tugendkanon einzureihen und ohne auf den in der Mediävistik viel beachteten Doppelweg mit Zwischeneinkehr am Artushof einzugehen(6), ist hier nur wichtig, dass Êrec und Ênîte am Ende ihres beschwerlichen âventiure-Weges erkennen, dass die mâze(7) die Basis allen Verhaltens darstellen sollte. Ihr Leben war durch das verligen aus dem Gleichgewicht geraten und ist nun durch die ritterlichen Taten gesühnt. Fortan sind Êrec und Ênîte ein vorbildliches Paar, das sich sowohl gegenseitig liebt als auch die Ritter- und Herrschaftspflichten nicht vernachlässigt.

Hartmann von Aue: Îwein(8)

Das Ritterepos Îwein entstand quasi als Entwurf eines Gegenkonzepts zu Êrec. Denn auch dieser junge Ritter kennt die mâze nicht. Allerdings macht er sich genau des umgekehrten Vergehens schuldig. Da er nicht den Fehler Êrecs begehen und sich nicht verligen will, bricht er sofort nach seiner Hochzeit mit Laudine auf, um sich als Ritter zu bewähren.
Doch Îwein „verrîtet“ sich. Als junger strahlender Ritter steigen ihm sozusagen seine Erfolge zu Kopf und so jagt er von einer âventiure zur andern. Darüber vergisst er seine Frau. Auch er muss sich deshalb in vielen Episoden bewähren, um am Ende (des Winters) zu erkennen, dass er der mâze bedarf und beidem gerecht werden muss: der Verantwortung als Ritter und seiner Verantwortung als Familienoberhaupt gleichermaßen. Auch er ist nun geläutert und ein liebender Ehemann und Ritter zugleich.

Folgerung:

Die beiden Protagonisten haben gefehlt und entweder ihre Ritterpflichten (Îwein) oder ihre Ehepflichten (Êrec) in den Vordergrund gestellt. Erst die Erkenntnis, dass die mâze Basis aller Tugend und alles Tuns ist, machte sie zu vollkommenen und vorbildlichen Artusrittern, Herrschern und Familienoberhäuptern.

Übertragung auf das heutige Familienunternehmertum:

Nun muss ich Sie bitten, wieder in unserer Welt des 21. Jahrhunderts zurück zu kehren – zurück in die Familienunternehmenswelt und Êrec und Îwein nur als Vergleichsfolie mitzunehmen.
Sie ahnen es sicher schon: Gerne möchte ich Sie auffordern, das Rittertum als Bild für das Unternehmertum zu verstehen. Denn beide Systeme sind Ordnungen, die ein hohes Maß an Verantwortung gegenüber den anderen enthalten (hier z.B. gegenüber Witwen und Waisen, dort z.B. gegenüber Mitarbeitenden). Dabei ist es allerdings durchaus legitim, dass der Ritter dadurch große Ehre (quasi als persönlichen Lohn) erringt, so wie es überhaupt nicht ehrenrührig ist, dass ein Unternehmern bei aller sozialen Verantwortung auch Gewinne erwirtschaften darf.
Êrec und Îwein strauchelten, weil zwei unterschiedliche und sich gegenseitig mehr oder weniger ausschließenden Systeme bzw. Welten (die Ritterwelt und die Ehewelt) Ansprüche an sie stellten. Genauso stellt für alle Familienunternehmer*innen das System Unternehmen und das System Familie unterschiedliche Anforderungen.
Êrec und Îwein lösten dieses Dilemma zunächst, indem sie sich für eine der Welten entschieden. Und scheiterten. Erst nach einem längeren bewusstseinsbildenden Weg, der in der ritterlichen âventiure-Fahrt mit vielen Hindernissen und Hürden versinnbildlicht ist, wird ihnen klar, dass es keine Entweder-oder-Entscheidung sein darf, sondern alle Ansprüche gleichermaßen Beachtung finden müssen. Dies gelingt ihnen durch das Konzept der mâze.

verligen versus verrîten = family first versus business first

Wenn wir nun die Êrec- und Îwein-Folie an uns bekannte Unternehmer*innen anlegen, so kommen Sie sicherlich zum selben Ergebnis wie ich: Viele (Vollblut)-Unternehmer*innen sind Îweins und verrîten sich lieber als sich den Vorwurf des Verligens anhören zu müssen. Und tatsächlich geben laut einer empirischen Studie 90% von 258 befragten Familienunternehmer*innen an, den Unternehmensinteressen den Vorrang zu geben und nach dem Prinzip ‚business first‘ zu handeln(9).
Nun höre ich die Unternehmer*innen geradezu murren: „Was soll daran schon schlecht sein? Ich stehe zu meinem Îwein – das Prinzip ‚business first‘ stimmt!“.
Richtig ist, dass die Haltung ‚business first‘ Unternehmensentscheidungen schnell und vordergründig unproblematisch möglich macht. Vermutlich aber nur kurzfristig. Bezieht man die lange Frist mit ein, so muss durchaus vor allem bei intern wie extern verursachten Krisen damit gerechnet werden, dass Familienmitglieder oder Gesellschafter*innen einmal quer liegen und ihren Tribut fordern. Erst die Beachtung aller Anspruchsgruppen und Einstellungen und Haltungen gibt nachhaltige Sicherheit, dass wichtige Unternehmensentscheidungen von allen mitgetragen und nicht von unerwarteter Seite torpediert werden.

Mâze

Wie bereits mehrmals angedeutet, stellt das mittelalterliche ritterliche Tugendsystem genau für diese Haltung einen Begriff zur Verfügung: mâze.
Um diesen Begriff noch etwas besser zu definieren, beschreibe ich zunächst, was er nicht bedeutet:
Mâze hat nichts mit der so oft bemühten work-life-balance zu tun. Bei ihr geht es um die individuelle Ausgewogenheit, die beispielsweise vor burn-out o.ä. schützt und damit die individuelle Leistungsfähigkeit bewahrt.
Wichtig ist mir auch, dass mit diesem Begriff nicht das neuhochdeutsche ‚Maßhalten‘ gemeint ist. Es kommt zwar aus demselben Wortstamm, hat aber eine Bedeutungsverschiebung erfahren. ‚Maßhalten‘ bedeutet heute Disziplin, Begrenzung, Beschränkung, nicht voll ausschöpfen, also ein ‚Weniger‘: ‚maßvoll‘ essen, heißt aufzuhören, bevor man satt ist; ‚maßhalten‘ beim Trinken bedeutet, abzubrechen, bevor die Wirkung des Alkohols eintritt.
Mâze bedeutet hingegen vielmehr den Ausgleich, die Balance bzw. den Einbezug zweier (mehrerer) Systeme mit unterschiedlichen Anforderungen, die sich zum Teil widersprechen, also eher ein ‚Mehr‘.
Mit mâze ist ein ‚Sowohl-als-auch‘ gemeint, jedem sein angemessenes (auch hier ist wieder der selbe Wortstamm enthalten!) Recht zukommen zu lassen, alle im rechten Maß zu berücksichtigen.
Gerne möchte ich deshalb den Begriff mâze in das Vokabular der Unternehmerfamilien einführen, denn er hat verschiedene Vorteile:
1. Mâze ist ein Terminus für etwas, für das wir keinen einzelnen Begriff (mehr) besitzen. Wir benötigen ganze Halbsätze wie „die Berücksichtigung mehrerer Systeme gleichzeitig“ o.ä. Der Begriff macht es möglich, etwas konkret zu benennen, was viele Unternehmerfamilienmitglieder als Herausforderung zwar empfinden, aber mangels Begrifflichkeit nicht benennen und daher kaum begreifen können (Begriff kommt ja von begreifen).
2. Schon wieder höre ich die Unternehmer grummeln: „Was will ich mit dem Wischi-Waschi. Ich brauche eine eindeutige Richtschur, die gilt!“. Mit mâze haben wir aber eine eindeutige Leitlinie. Der Ausgleich und der Einbezug, das Sowohl-als-auch ist eine normative Vorgabe.
Es mag zwar paradox anmuten, aber viele Unternehmer können sehr gut mit solchen scheinbaren Paradoxien umgehen. Denken Sie nur an Aussagen wie: Bei uns ist eine der beständigsten Traditionen die Veränderung. So wie hier die Flexibilität zur Beständigkeit geworden ist, genau so macht die mâze das Abwägen, das Sowohl-als-auch, das Changieren zur Eindeutigkeit.
Mâze entzieht sich dem Vorwurf der Unentschiedenheit, denn sie ist normativ.
3. Mâze ist positiv besetzt. Sie stellt einen (normativen) Wert an sich dar und muss nicht begründet werden. Sie ist auf ihre Art unangreifbar.
 

Fazit:

Die Tatsache des nötigen Ausgleichs zwischen den Systemen Unternehmen und Familie ist nichts Neues. Viele große und alte und damit erfolgreiche Familienunternehmen betreiben nämlich mâze in Reinkultur(10). Neu ist nur, dafür einen Begriff zu besitzen. Denn bisher fehlt eine eindeutige Begrifflichkeit. Steht den Unternehmerfamilien aber ein positiver Begriff zur Verfügung, so ist die Rechtfertigung für das eigene Tun vor sich und vor den anderen einfacher. Worte helfen, die Welt zu begreifen und verständlich zu machen.
In diesem Sinne propagiert dieser Beitrag keine neue Haltung. Diese ist altbekannt und bewährt. Er möchte nur die Möglichkeit eröffnen, durch geeignetes sprachliches Instrumentarium eine neue Reflexionsstufe und Bewusstheit zu erlangen und das eigene Handeln nicht verschämt und angreifbar, sondern bewusst und überzeugt einzusetzen und sich nicht mehr für ein Verhalten zu schämen, dass dem vermeintlich richtigen und allseits gelobten 'Business-First-Prinzip' zuwiderläuft.



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(1) Vgl. dazu die Überlegungen von Bernhard Waldenfels, der das Fremde immer in Beziehung oder Abhängigkeit von (bekannter) Ordnung definiert. Vgl. Bernhard Waldenfels, Grundmotive einer Phänomenologie des Fremden, Frankfurt a.M. 2006; Bernhard Waldenfels, Der Stachel des Fremden, Frankfurt a.M. 1990; Bernhard Waldenfels, Bruchlinien der Erfahrung, Frankfurt a.M. 2002
(2) Vgl. Marco Evers, Trutzbau der Macht, in: Annette Großbongardt/ Johannes Saltzwedel (Hg.), Leben im Mittelalter. Der Alltag von Rittern, Bauern und Kaufleuten, Stuttgart 32014, S. 172-179; vgl. auch Sabine Buttinger, Das Mittelalter, Aalen 2012, insb. S. 81 ff.; Sabine Buttinger/ Jan Keupp, Die Ritter, Aalen 2013; Rolf Schneider, Alltag im Mittelalter, München 2012, insb. S. 164 ff.
(3) Textkritische Ausgabe z.B.: Hartmann von Aue. Êrec. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch, hg.v. Volker Mertens Stuttgart 2008
(4) Anders als in Märchen oder Filmen üblich, ist diese Hochzeit nicht das Ende der Geschichte, sondern der Beginn.
(5) Vers 2971: unz daz er sich sô gar verlac
(6) Möglicherweise war der Winter auch noch nicht vorüber und so mussten noch weitere Episoden eingeflochten werden. Downton Abbey hätte auch nach der zweiten Serie beendet sein können, wartet aber jedes Jahr vor Weihnachten – man beachte: es ist die dunkle kalte Jahreszeit – wieder mit mindestens neun weiteren Episoden auf.
(7) Grundlegend zur mâze als Voraussetzung und Ziel: Gustav Ehrismann, Die Grundlage des ritterlichen Tugendsystems, Nachdruck in: Ritterliches Tugendsystem, hg. v. Günter Eifler, Darmstadt 1970, S. 1-84, zu Êrec insbes. S. 62 ff., zu Îwein insbes. S. 69 ff.
(8) Textkritische Ausgabe z.B.: Hartmann von Aue, Îwein. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch, hg. v. Rüdiger Krohn u.a., Stuttgart 2012
(9) Christoph Kolbeck/ Tim Bauer, Family Governance in Deutschen Familienunternehmen. Eine empirische Bestandsaufnahme und Handlungsimplikationen, EQUA-Schrifternreihe Heft 9/2011, Bonn 2011, S. 21
(10) Vgl. hierzu: „Im Gegensatz zu betriebswirtschaftlicher Rationalität ist intelligente Paradoxiefreundlichkeit in der Lage, Ambivalenzen auszuhalten und Familien- und Organisationslogik auf kluge Weise auszubalancieren“, Arist von Schlippe, Das kommt in den besten Familien vor… Systemische Konfliktbearbeitung in Familien und Familienunternehmen, Stuttgart 2014, S. 156. Dort findet sich auch weiterführende Literatur über ein Studienprojekt mit großen alten Familienunternehmen, das gezeigt hat, dass diese Unternehmen den Ausgleich aller Anspruchsgruppen betreiben und beherrschen und dies möglicherweise ein wesentlicher Grundstein für ihren nachhaltigen unternehmerischen Erfolg ist.

Haftlmeier-Seiffert, Rena
2013

Familienmaximen: Interesse und Vertrauen

aus
Vertrauen
Gesellschafterkompetenz
Familienmaximen
in: unternehmermagazin 3/4 2013, S. 40 f.
EQUA Publikation
Unternehmer Medien
Gesellschafterkompetenz

Gerade bei älteren Familienunternehmen mit einer im Laufe von Generationen gewachsenen Unternehmerfamilie ist zu beobachten, dass Zentrifugalkräfte wirksam werden können, und die Bindung der Eigentümer an ihr Unternehmen und untereinander immer loser, unverbindlicher und beliebiger wird.

Mit einer unverbundenen und wenig empathischen Eigentümerschaft kann aber bei einem Familienunternehmen der Wettbewerbsvorteil Familie zum Wettbewerbsnachteil für das Unternehmen gereichen. Trotzdem gibt es auch viele größere Unternehmerfamilien, bei denen die meisten Mitglieder eine starke Identifikation mit dem Unternehmen und der Großfamilie kennen. Dann gibt es in der Regel eine starke Familienkultur, eine entsprechende Unternehmenskultur, dann gibt es gemeinsame und von allen voll vertretene Werteprägungen und oft sehr viele lebendige Geschichten rund um die Gründer oder frühere Unternehmenslenker oder ehemalige Familienmitglieder, die bei jedem Erzählen und (dabei gewollt oder ungewollt) Interpretieren wieder zur Rückbindung beitragen. Sind keine lebendigen und starken Bindungsmechanismen (mehr) vorhanden, können diese unter Umständen durch einen bewussten Prozess installiert werden, indem die Unternehmerfamilie die Maximen aufspürt, die für alle Mitglieder Gültigkeit haben, und am Ende auch schriftlich festhält. Gegebenenfalls können diese dann auch eingefordert werden.

Fallbeispiel:
Die Firma Heigula GmbH & Co KG wurde von den Brüdern Heinrich und Gustav Lammert im Jahre 1931 gegründet. Die Brüder vererbten ihre jeweils 50% Anteile an ihre Kinder unter der Auflage, dass die Stämme ihre Anteile bündeln müssten und immer ein Stammesvertreter zu benennen sei. Mittlerweile gibt es als Gesellschafter 11 Nachkömmlinge aus dem Stamm Heinrich und 19 aus dem Stamm Gustav sowie eine reine Fremdgeschäftsführung.
Die Nachkömmlinge von Heinrich lebten (und leben) wie ihr Stammvater sehr bescheiden und vertreten eine stark christlich-pietistische Weltanschauung, während der Stamm Gustav extrovertiert und dem Leben zugewandt auftrat (auftritt). Die Familienmitglieder fühlten, dass in diesen unterschiedlichen Werteprägungen Konfliktpotential steckt und distanzierten sich voneinander und vom Unternehmen, um so möglichem Streit aus dem Wege zu gehen. Folge war, dass sich die jüngste Generation beider Stämme kaum mehr mit der Familie (auch nicht unbedingt mit dem eigenen Stamm) und mit dem Unternehmen identifizierte und keine starken Rückbindungen mehr vorhanden waren.
Als die Stammesvertreter dies und die sich daraus möglicherweise für das Unternehmen und die Familie entwickelnde Gefahr erkannten, initiierten sie einen Prozess, bei dem alle Familienmitglieder beteiligt waren, um gemeinsame Familienmaximen aufzustellen, die von allen vertreten werden konnten.
Als einige Zeit später ein großer Wettbewerber übernommen hätte werden können, war Eile geboten, denn es war nur eine Frist von 48 Stunden für das Vorkaufsrecht eingeräumt worden. Die Fremdgeschäftsführung drängte auf eine schnelle Entscheidung. Einer der Stammesvertreter befand sich jedoch auf einer Himalayaexpedition und konnte nicht während der 48-stündigen Frist erreicht werden. Der andere Stammesvertreter musste allein entscheiden.
Er lehnte ab. Aufgrund der schriftlich fixierten Familienmaximen war ihm klar, dass eine Übernahme von der Gesamtfamilie nicht gebilligt würde, da zum einen das finanzielle Risiko größer als von allen gewünscht wäre und zum anderen der Wettbewerber mehr als die Hälfte seiner Erzeugnisse an Waffenfirmen in Kriegs- und Krisengebiete lieferte, was für die Familie ebenfalls undenkbar war. Obwohl mit dieser Entscheidung große unternehmerische Möglichkeiten verpasst wurden, gab es danach weder Vorwürfe vom anderen Stammesvertreter, noch in der Familie Diskussionen oder gar Streit darüber. Man war sich einig, denn die Entscheidung des einzelnen Stammesvertreters war kongruent zu den von allen verabschiedeten und mitgetragenen Familiengrundsätzen.

Solche Familienmaximen können unterschiedlich benannt werden:    

– Familiencharta    

– Familiencodex (Familienkodex)    

– Familienleitlinien/ Familienrichtlinien    

– Familiensatzung    

– Familienstrategie  

 – Familienverfassung    

– Family Governance

Die meisten Begriffe sind leider etwas irreführend. Durch die Diskussion dieser Begriffe lässt sich darstellen, was Familienmaximen sind/ sein sollten und was nicht:

Mit Charta ist eigentlich eine (gar völkerrechtliche) grundlegende Urkunde gemeint, was die Familienmaximen nicht sind und sein wollen.

Codex (Kodex) bezeichnete ursprünglich einen Stapel von Holz- bzw. Wachstafeln bis hin zu Pergament- bzw. Papierblattstapeln, die zwischen Holzdeckeln gebunden waren, also eine Sammlung von (unzusammenhängenden) Notizen, Gedanken. In der Rechtswissenschaft ist Codex heute ein Synonym für Gesetzbuch. Die Familienmaximen sollen aber weder eine lose Blattsammlung von Gedanken darstellen noch entsprechen sie einem Gesetz. Relativ nah scheint noch der Begriff Ehrenkodex zu sein, denn an dessen Vorgaben zum Wohlverhalten orientieren sich alle, die einem solchen (per Eid) zugestimmt haben. Allerdings ist dieser in der Regel gerade nicht schriftlich fixiert. Auch sind Verhaltenscodices nicht zwingend einzuhalten.

Unter Leitlinien versteht man empfehlende Handlungsanweisungen, die aber keinerlei bindenden Charakter haben. Die Familienmaximen sind jedoch mehr als nur Empfehlungen. Die Familienmitglieder fühlen sich durchaus daran gebunden.

Richtlinien sind meist sehr konkrete Ausführungsvorschriften, die ‚von oben‘ erlassen werden und wenig Spielraum für individuelle Ausgestaltung eröffnen. Familienmaximen sollten aber nicht durch eine übergeordnete Person, ein übergeordnetes Gremium oder eine Institution erlassen, sondern von allen Mitgliedern getragen werden. Auch sollten sie keine engen Ausführungsvorschriften darstellen, da sie gerade bei unvorhersehbaren und bisher undenkbaren Ereignissen Gültigkeit haben und bei der Entscheidungsfindung helfen sollten.

Mit Satzung werden entweder Verträge oder sogar Rechtsnormen bezeichnet, die justiziabel sind. Familienmaximen sind dies aber in der Regel nicht und sollen es auch nicht sein.

Der ursprünglich aus dem Militär stammende Begriff Strategie wird heute häufig auch im Wirtschaftsleben bemüht. Mit ihm ist in der Regel ein sehr konkreter und vollständiger Plan unter Berücksichtigung aller verfügbaren Mittel und Ressourcen und unter Einplanung von Widrigkeiten gemeint, um ein längerfristiges Ziel zu erreichen. Familienmaximen sind jedoch keine konkreten Pläne, sondern bilden Grundprinzipien, auf deren Basis Pläne erarbeitet werden können.

Unter Verfassung versteht man das zentrale Rechtsdokument (eines Staates), das Grundgesetz. Sie ist grundlegend, absolut bindend und justiziabel. Familienmaximen sind zwar (moralisch) bindend, haben aber keinesfalls den mächtigen Status eines Grundgesetzes.

Mit Governance werden Kontroll- und Steuerungsstrukturen bezeichnet. Dabei geht es um Ordnungsprinzipien und die Regelung von Beziehungen von Einzelelementen, damit ein System als Ganzes funktioniert. Die Governance dient dem Management einer komplexen Organisation, sie ist ein Lenkungs- und Führungs- bzw. Verwaltungs- und Regelungsinstrument. Sie wirkt operativ und nicht normativ, was Familienmaximen jedoch tun (sollten).

Familiengrundsätze wäre ein Begriff, der sehr gut trifft, da ein Grundsatz eine Erkenntnis (oder auch eine Regel) darstellt, welche die Basis für nachfolgende Überlegungen und Handlungen bildet. Grundsätze sind also normativ. Außerdem sind sie (allgemein) anerkannt und verpflichtend, klar formulierbar, nicht weiter reduzierbar, in sich konsistent, unmittelbar einleuchtend und stellen ein Hilfsmittel dar, komplexe Zusammenhänge zu gliedern. Schönheitsfehler ist allerdings, dass ‚im Grundsatz‘ in der Rechtssprache ‚Regel mit Ausnahmevorbehalt‘ bedeutet und damit gerade die Allgemeingültigkeit und Verbindlichkeit relativiert wird.

Aus der (französischen) Moralphilosophie ist der Begriff Maxime bekannt. Er wird dort verwendet, um die obersten (persönlichen) Lebensregeln bzw. die (persönlichen) Grundsätze zu beschreiben, die das eigene Wollen und Handeln unmittelbar und maßgeblich steuern. Maximen entsprechen damit einem subjektiven (nicht rechtlichen) Gesetz, das Grundlage für das eigene Denken und Agieren bildet. Wird dieser Begriff nun vom einzelnen Individuum auf eine Familie übertragen, so stellen die Familienmaximen die familiensubjektiven, normativen und (moralisch) verbindlichen Grundsätze für die Familienmitglieder dar, die ihr Denken und Handeln leiten und bestimmen.

Haftlmeier-Seiffert, Rena
2015

Neustart statt nur nachzufolgen

aus
Nachfolge
in: pw 02.15, S.116
EQUA Publikation
Private Wealth
Unternehmensnachfolge

Das Problem vieler (potentieller) Nachfolger*innen ist es nachzufolgen. Bedeutet dies doch implizit: nicht selbstbestimmt den eigenen Weg zu wählen, nicht selbst zu gestalten, nicht Eigenes zu schaffen, sondern in Vorhandenes einzutreten. Und dies widerspricht unserer heutigen Vorstellung von Selbstverwirklichung, von eigener Leistung und von kreativem selbstverantwortlichem Handeln.

So bitter es sein mag, wenn man als sehr junges Mitglied einer Unternehmerfamilie durch den überraschenden Ausfall des bisherigen Unternehmers plötzlich und unerwartet die Verantwortung für ein Familienunternehmen zu tragen hat, so sehr eröffnet eine solche ungeplante Übernahme viele Freiheiten. Diese Form der Nachfolge kann nämlich zu einem echten Neustart werden:

Erstens können die unvorbereiteten Nachfolger*innen meist vieles (noch) nicht, können nicht durch Nachahmen lernen, sondern müssen durch kreative oft unkonventionelle und originelle Lösungen ihren eigenen Weg finden und selbst verantworten.

Zweitens entsteht durch den plötzlichen Ausfall des bisherigen Unternehmenslenkers im Unternehmen nicht selten eine große Lücke bzw. ein Bruch im System, weshalb das Unternehmen instabil wird. Ein fragiles Gebilde ist aber naturgemäß für Veränderungen offener als ein stabiles, denn es bedarf geradezu der (stabilisierenden) Veränderung. Die jungen Unternehmer*innen können also auf eine solche labilere Organisation besser einwirken und damit neu gestalten als es ein stabiles und daher oft auch eher träges System zuließe. Innovationen sind deshalb gerade jetzt besonders gut möglich.

Drittens empfinden die alt gedienten Mitarbeiter*innen die Labilität des Systems und sind daher in solchen Situationen in der Regel kooperativer und unterstützen besser, als wenn das System stabil und gegenüber Neuem resistent ist.

Und viertens sind Machtkämpfe zwischen den Now Gens und den Next Gens (wie sie nicht selten in langen Übergabephasen aufgrund von ungeklärten Befugnissen an der Tagesordnung sind) natürlich nicht vorhanden, so dass alle Energie tatsächlich für das Unternehmen verwendet werden kann.

Damit ist eine plötzliche und ungeplante Übernahme eines Familienunternehmens wohl in den meisten Fällen eine anstrengende und persönlich extrem herausfordernde Variante der Nachfolge, sie ermöglicht aber einen echten Neustart mit vielen Gestaltungsmöglichkeiten, Handlungsoptionen und viel Selbstverantwortung im Gegensatz zur nicht selten zermürbenden und aufreibenden und zähen Übergabe zwischen der alten und der jungen Generation mit einer längeren Überlappungsphase.

Natürlich kommt es (wie fast immer) nicht zuletzt auf alle beteiligten Protagonist*innen an, ob die Risiken oder Chancen überwiegen.

Haftlmeier-Seiffert, Rena
2013

Familiencodex und Familienverfassung

aus
Familienmaximen
in: unternehmermagazin 1/2-2013, S. 30f.
EQUA Publikation
Unternehmer Medien
Gesellschafterkompetenz

Familiencodex und Familienverfassung und Familienstrategie sind in aller Munde. Kaum eine (sich nicht absichtlich als unreflektiert darstellende) Unternehmerfamilie kommt um diese Errungenschaften umhin.

Meine folgenden Ausführungen dazu werden Kassandrarufen gleichkommen – vor unliebsamem Unheil warnend und wohl doch im Chor der einmütigen Befürworter ungehört verhallend. Und trotzdem möchte ich meine zugegebenermaßen möglicherweise unbequemen Überlegungen bezüglich Familienverfassung, Familiencodex und Familienstrategie dem geneigten Leser nicht vorenthalten.

Die Familienverfassung/ der Familiencodex

„Familienverfassungen sind gut“. Das ist eine Überzeugung, die man allenthalben bei Unternehmerfamilien so findet, noch viel häufiger aber bei Beratern, die sich auf Familienunternehmen spezialisiert haben und darin ein probates Allheilmittel sehen, strauchelnde Unternehmerfamilien wieder auf den Pfad der Tugend zurückzuführen, um ihrer Verantwortung als Eigentümer von Unternehmen, die vielen Menschen Brot und Arbeit geben, gerecht zu werden. Dieser hehre Anspruch ist löblich. Dass er sich daneben für die Berater auch monetär lohnt, mag als netter Nebeneffekt abgetan sein.

Doch sehen wir genauer hin.

Was ist eigentlich eine Familienverfassung? Welche Funktion hat sie? Warum konnte sie sich als wesentliches Werkzeug für Unternehmerfamilien etablieren?

Es wird immer wieder beobachtet, dass die Eigentümerfamilie eines Unternehmens dessen größtes Potenzial darstellt, indem die Familie Kapital langfristig verfügbar macht, oft nicht an kurzfristigen Renditen orientiert ist und mit Mitarbeitern und Ressourcen verantwortungsvoll umgeht etc. Andererseits gilt die Familie aber auch als das größte Risiko für ihr Unternehmen, da Uneinigkeit und Zwist in Unternehmerfamilien auch gesunde Unternehmen in den Abgrund treiben können (was Allgemeinplatz ist und hier nicht näher ausgeführt werden soll). Daher ist es naheliegend, dass nicht nur die Eigentümerfamilie selbst daran interessiert sein muss, das strukturelle Risiko von Familienunternehmen möglichst zu minimieren. Führungs- und Lenkungsformen, also Regelungen wollen gefunden werden, um destruktive Entgleisungen zu verhindern und das gesamte System in einem gesunden und lebendigen Gleichgewicht zu halten, von dem alle Interessensgruppen (Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Eigentümer etc.) ausgewogen profitieren können. Entsprechend wurde und wird immer wieder versucht, die Idee der Corporate Governance auch auf Familienunternehmen zu übertragen, was dann über kurz oder lang zu der Empfehlung führt, nicht nur im Unternehmen gute Governance-Strukturen zu implementieren, sondern eben auch in der Eigentümerfamilie. Geraten wird dann der Gesellschafterfamilie, eine Familienverfassung zu installieren, auch Familiencodex genannt oder moderner: Family Governance.

So weit, so gut. Doch der typische Familienunternehmer(1) ist zum einen beratungsresistent (wenn er ständig Beratung in Anspruch nähme, wäre er kein guter und eigenständig agierender Unternehmer) und zum anderen ungeduldig (wenn er nicht den Mut zu schnellen Entscheidungen hätte, wäre er ebenso wenig ein erfolgreicher Unternehmer)(2). Ist nun ein solcher Unternehmer trotz allem davon überzeugt, dass eine Familienverfassung für das eigene Unternehmen und seine Familie wichtig ist, und hat er sich entschieden, dafür trotz aller inneren Widerstände einen Berater zu beauftragen, so möchte er verständlicherweise den beauftragten Berater möglichst rasch wieder los werden. Die vom Berater erwartete Leistung ist es, möglichst schnell und effizient eine Familienverfassung zu erstellen.Da Berater nun auch nur ihr saures Brot verdienen, ist es verständlich, dass sie nicht davor gefeit sind, vorgefertigte (und durchaus richtige) Checklisten aufzustellen und rasch abzuarbeiten.

Familienverfassungen werden deshalb mehr oder weniger nach vorgegebenem Schema erstellt und den Gesellschaftern zur Unterschrift vorgelegt. Sind sie dann (in einem feierlichen Akt) von allen Gesellschaftern unterschrieben, werden sie schön abgeheftet und ins Regal gestellt. Solche Familienverfassungen müssen inhaltlich deshalb nicht schlecht sein und gegen sie ist prinzipiell auch nichts einzuwenden. Außer vielleicht, dass sie das Papier nicht wert sind, auf dem sie stehen. Denn sie gehen höchstwahrscheinlich erstens nicht sonderlich auf die speziellen Gegebenheiten, Voraussetzungen und Herausforderungen ein, die nun gerade jede Unternehmerfamilie und jedes Familienunternehmen so unverwechselbar und so besonders und in seiner Singularität auch so erfolgreich machen, und zweitens sind die unterzeichnenden Mitglieder der Eigentümerfamilie höchstwahrscheinlich von solchen Familienverfassungen kaum tangiert, was diesem Instrument jegliche Durchschlagskraft nimmt, da es ihm (wenn so entstanden) an echter Legitimation fehlt.

Die Familienstrategie

Viele gute Berater sind sich dieser Falle sehr wohl bewusst und empfehlen daher eine Familienstrategie.Diese berücksichtigt, dass nur eine von allen getragene, also legitimierte, Familienverfassung überhaupt wirksam sein kann. Um eine solche Legitimation zu erreichen, wird ein begleiteter Prozess initiiert, an dem sich möglichst viele Familieneigentümer beteiligen, um gemeinsam eine individuelle Familienverfassung zu entwickeln. Ein solcher Vorgang (der nach dem Prinzip Der Weg ist das Ziel gehandhabt werden sollte) dauert allerdings zum einen länger und ist zum anderen oft auch schmerzlich, weil viele Hindernisse und Fallstricke in Form von lange vergessenen oder sogar bewusst ‚vergrabenen‘ Problemen und Verletzungen auftauchen, denen man sich nicht nur stellen muss, sondern die man auch und gerade bearbeiten sollte, um damit zu gemeinsamen und von allen getragenen Regelungen zu gelangen.

Außerdem berücksichtigt die Familienstrategie, dass eine Familienverfassung etwas höchst Individuelles ist, das genau den Einstellungen und Überzeugungen der Unternehmerfamilie Rechnung trägt. Deshalb werden dafür in der Regel die vorhandenen familiären Werteprägungen gesucht, diskutiert und reflektiert und damit bewusst gemacht, um als normative Basis für die schriftlich fixierte sehr spezielle Familienverfassung zu dienen.

Familienunternehmen zwischen Stabilität und Wandlungsfähigkeit

Jedes Unternehmen, das sich über längere Zeit am Markt behaupten will, braucht Stabilität und Wandlungsfähigkeit gleichermaßen. Ist es eher instabil, so wird es bei jeder Herausforderung sofort in existenzielle Gefahren gelangen. Wenn es aber stabil ist, so beinhaltet dies auch immer eine gewisse Starrheit, was bedeutet, dass sich das Unternehmen (externen) Herausforderungen nicht anpassen und flexibel darauf reagieren kann. Auch in diesem Falle wird es schnell in große Bedrängnis kommen, denn nur eine rasche und angemessene Reaktion auf faktische Gegebenheiten wird das Überleben des Unternehmens sichern.

Nun ist es aber so, dass Regelungen, Governacestrukturen, feste Normen alle Systeme und Organisationen stabilisieren helfen und dass umgekehrt Organisationen mit wenig festen Regeln, Vorschriften und Festlegungen gerade auf unvorhersehbare Herausforderungen rasch und flexibel reagieren können, da dann Individuen (aus denen die Organisationen bestehen) die Möglichkeit haben, unkonventionelle Antworten auf bisher unbekannte Herausforderungen nicht nur zu finden, sondern auch schnell und effizient durchzusetzen.

Jedes Unternehmen und damit auch jedes Familienunternehmen ist also mit dem Paradoxon konfrontiert, dass es einerseits feste Governance-Strukturen benötigt, um unvorhersehbaren (externen) Herausforderungen stabil begegnen zu können und dass es gleichzeitig von eben solchen festen Regelungen dabei behindert wird, den unvorhersehbaren (externen) Herausforderungen angemessen und rasch und mit neuen Mitteln zu begegnen.

Familienverfassungen sind gut!

Ja“. Denn sie helfen der Eigentümerfamilie eines Unternehmens stabil auf unvorhersehbare Herausforderungen zu reagieren.

Nein“. Denn sie behindern die Eigentümerfamilie eines Unternehmens rasch und flexibel auf unvorhersehbare Herausforderungen zu reagieren.

Der Vorteil informeller Normen

Familienverfassungen bzw. Familiencodizes sind schriftlich fixierte Regelungen. Sie haben damit den Status von formellen Normen.Familienunternehmen und Unternehmerfamilien kennen aber auch sehr viele informelle normative Handlungsempfehlungen. Sei es durch das gelebte Vertreten von ganz bestimmten Wertvorstellungen, sei es durch die lebendig gehaltene ganz besondere Geschichte, die häufig über erzählte Geschichten tradiert wird. Diese wirken normativ und jedes zur Organisation gehörige Individuum kann und wird sich daran orientieren.Denn nicht schriftlich fixierte, aktiv vorgelebte Werte und eine lebendige Geschichte haben zwei Vorteile:Erstens sind diese durch das Fehlen einer schriftlichen Fixierung wesentlich stärker als alle aufgeschriebenen Leitlinien, da man sich der Werteprägung und der durch Geschichten transportierten indirekten Handlungsvorgaben tagtäglich durch Vorbild und Nachahmen gegenseitig rückversichern und sie damit bestätigen muss. (Das in guter Absicht erfolgte Fixieren der vorhandenen Prägungen macht träge und schwächt damit sogar auf längere Sicht die vorhandenen Übereinkünfte und gemeinsamen Vorstellungen, da man diese ja nicht mehr ständig bestärken muss).Und zweitens sind die informellen Normen ‚atmungsaktiv‘, denn sie können, ja müssen permanent gedeutet werden. Und sie werden tagtäglich von allen an der Organisation beteiligten Individuen gedeutet. Damit machen es solche informellen Übereinkünfte möglich, auch unkonventionelle Gedanken und Antworten auf neue und bis dahin nie aufgetretene Herausforderungen im vorhandenen Wertegerüst zu verankern und darin abzusichern, ohne gegen irgendwelche Regeln zu verstoßen.

Aktiv gelebte informelle Normen machen wandlungsfähig und stabilisieren Unternehmerfamilie und Familienunternehmen gleichermaßen. Corporate und Familiy Covernance sind deshalb eine gute, aber oft nur die zweitbeste Möglichkeit.

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(1) Hier und im Folgenden beinhaltet die grammatikalisch männliche Form inhaltlich immer auch die weibliche.
(2) Dies ist eine grob vereinfachte Darstellung (die nicht zuletzt Klischees bedient). In ihrer Pointierung hilft sie aber die im Folgenden ausgeführten Beobachtungen und Überlegungen besser und klarer herauszuarbeiten.

Haftlmeier-Seiffert, Rena

Verteilungsgerechtigkeit im Nachfolgeprozess

aus
Nachfolge
in: ZusammenWachsen. Dialogmedium für Unternehmerfamilien 01/2014, S. 11
EQUA Publikation
Unternehmensnachfolge

Mittlerweile ist es hinreichend bekannt, dass es für Unternehmerfamilien besonders schwer, ja eigentlich gar nicht möglich ist, im Nachfolge- und Erbfall Gerechtigkeit gegenüber den eigenen Nachkommen walten zu lassen. Denn in Familien (und nach unserer heutigen gesellschaftlichen Übereinkunft) wird es als gerecht und richtig empfunden, wenn jedes Kind ohne Ansehen der Person gleich behandelt wird und entsprechend ein materiell gleich(wertig)es Erbe erhält. In Unternehmen gilt es in unserer Gesellschaft hingegen als fair und gerecht, wenn der/die Leistungsstärkste mit der größten Verantwortung dafür auch materiell am höchsten honoriert wird. Jede Unternehmerfamilie steht damit bei der Übergabe des Unternehmens an die nächste Generation vor einem unlösbaren Gerechtigkeitsdilemma, denn einerseits müsste das Unternehmen an alle Kinder gleich und andererseits nur an den/die Leistungsstärkste/n übertragen werden.

Da Unternehmerfamilien diesem Dilemma entrinnen wollen, greifen sie zu verschiedenen Mitteln:

  • Negieren: Das Problem wird nicht als solches anerkannt. Man geht stillschweigend davon aus, dass man sich in der eigenen Familie versteht und daher keine Konflikte über die Verteilung des Erbes entstehen werden.
  • Vollendete Tatsachen schaffen: Der/die Abgebende kommt zu dem Schluss, dass es keine wirklich gerechte Lösung geben kann. Um sich mit dem Problem nicht länger auseinandersetzen zu müssen, entscheidet er/sie daher schnell und eigenständig. Unabhängig von der Art der Entscheidung schafft er/sie vollendete Tatsachen und zwingt die Betroffenen, sich (möglicherweise wider Willen) damit arrangieren zu müssen.
  • Vertagung: Die Abgebenden verschieben das eigene Dilemma in die nächste Generation. Sie behandeln ihre Kinder gleich, übertragen also jedem den gleichen Firmenanteil und eine gleich mächtige Position in der Geschäftsführung. Gleichzeitig legen sie aber fest, dass ab der nächsten Generation die Geschäftsführerposition und/oder die Anteile jeweils nur an eine/n Enkel/in weitergeben werden dürfen. Sie delegieren das eigene Gerechtigkeitsdilemma zur Lösung in die nächste Generation – meist unter dem Hinweis auf eine (angeblich) nicht bewältigbare Komplexität und (vermeintlich) schädliche Anteils- und Machtzersplitterung.
  • Sophismus: Eine scheinbare Lösung stellt die Trennung von Stimmrecht und Besitzrecht dar. Zunächst glaubt man damit das Dilemma gelöst zu haben, indem man allen Kindern gleich viele Anteile am Unternehmen überträgt (Familiengerechtigkeit), aber nur eines der Kinder alle Stimmrechte bekommt (Unternehmensgerechtigkeit), mit dem Hinweis, dass immer nur eine/r die volle Entscheidungsmacht haben solle, um unternehmerisch handeln zu können. Webfehler dabei ist nur, dass in Folgegenerationen Situationen entstehen können, bei denen die 100% Stimmrechte bei einem Minderheiteneigentümer liegen, während ein Mehrheitseigentümer vollkommen rechtlos ist.

Zur Illustration:

Als der Gründer Franz Unbill vor vier Generationen sein Unternehmen an die nächste Generation weitergab, war ihm zweierlei wichtig: Er wollte einerseits seine beiden Kinder gleich (gerecht) behandeln und andererseits, dass das Unternehmen machtvoll geführt werden würde, weshalb die Geschäftsführung unumschränkte Entscheidungsbefugnis haben sollte. So trennte er die Stimmrechte von den Besitzrechten. Seinem Sohn Manfred übertrug er also 50% Besitzanteile, die Geschäftsführung und 100% der Stimmrechte. Seine Tochter Petra erhielt ebenfalls 50% der Besitzanteile, aber keinerlei Stimmrechte. Er verfügte außerdem, dass jeder Geschäftsführer die Geschäftsleitung immer nur an einen Sohn übertragen durfte und diesem dann immer die 100% Stimmrechte mit der Geschäftsführung zufielen. Manfred hatte zwei Kinder: Michael und Marga, während Petra nur eine Tochter Philippa hatte. Entsprechend dem Willen und Muster von Franz übertrug Manfred je 25% der Besitzanteile an seine beiden Kinder und die Geschäftsführung gemeinsam mit den 100% Stimmrechten an Michael. Petra vererbte ihrer Tochter ihre 50% Firmenanteile ohne Stimmrechte. Philippa bekam einen Sohn Paul. Marga zwei Söhne, während Michael vier Töchter hatte, bevor er endlich den ersehnten Sohn Maximilian bekam. Da Michael schon 65 Jahre alt und gesundheitlich angeschlagen, sein Sohn Maximilian aber noch zu jung war, setzte er als operativen Nachfolger einen Fremdgeschäftsführer ein. Nach seinem Tod fielen seinen fünf Kindern je 5% der Besitzanteile zu und auf den gerade 18-jährigen Maximilian wurden die 100% Stimmrechte übertragen.

In der vierten Generation gestaltet sich die Situation nun also folgendermaßen: Die Firma wird durch einen Fremdgeschäftsführer geleitet. Es gibt insgesamt acht Eigentümer; fünf davon mit je 5% Firmenanteilen, zwei mit je 12,5% Besitzanteilen und einen mit 50%. Alle Stimmrechte liegen bei dem Jüngsten der Gesellschafter, der selbst nur 5% Besitzanteile hält. Es herrscht massive Uneinigkeit, weil die Situation als extrem falsch und ungerecht empfunden wird, da die ganze Macht in der Hand eines als (aufgrund seines Alters verständlicherweise) inkompetent erachteten Minderheiteneigentümers liegt. Dieser wird von Steuerberatern und Anwälten bestimmt, und der Fremdgeschäftsführer trifft relativ selbstherrlich weitreichende Entscheidungen. Paul ist erbost, weil er, obwohl ihm die Hälfte der Firma gehört, keinerlei Einfluss auf deren Geschicke nehmen kann. Ihm ist aber jegliche Macht genommen, strukturelle Veränderungen durchsetzen zu können. Er leitet daher gerichtliche Verfahren an mehreren Fronten gleichzeitig ein. Diese wirken sich auf den Familienzusammenhalt und möglicherweise über kurz oder lang auch auf das Unternehmen stark negativ aus.

Alle diese Maßnahmen stellen also offensichtlich keine nachhaltigen Lösungen dar. Denn sie verschieben das Problem nur und verschärfen es möglicherweise sogar noch durch eine dauerhafte Manifestation und machen damit das vorhandene Dilemma erst recht unlösbar.

Die Lösung ist: keine Lösung. Dies klingt paradox, doch es bedeutet nichts anderes als: ein nicht lösbares Dilemma nicht lösen zu wollen. Das heißt aber im Umkehrschluss, sich zu scheinbar ungerechten Entscheidungen durchzuringen und diese auszuhalten. Damit diese aber nicht wie ein Bumerang zurückkommen, sollte folgendes gewährleistet sein:

  • keine einsamen und schnellen Entscheidungen, sondern den Entscheidungen (längere) Findungsprozesse voranstellen
  • frühzeitige Kommunikation über die Beweggründe der Entscheidung
  • alle Betroffenen beteiligen

Verfahrensgerechtigkeit statt Ergebnisgerechtigkeit

Da es häufig keine umfassende Ergebnisgerechtigkeit geben kann (denn was in der Familie richtig ist, kann im Unternehmen falsch sein und umgekehrt), hilft es den Betroffenen, das Ergebnis zu akzeptieren, wenn sie den Weg, der zu dieser Entscheidung führte, mitgegangen sind und als fair und gerecht empfinden. So zustande gekommene Ergebnisse können in der Regel von allen akzeptiert werden, denn die Betroffenen verstehen dann das Dilemma und begreifen, dass es keine allumfassend gerechte Lösung im Ergebnis geben kann.


Zur Illustration:

1890 Hacken und FC Öse trennen sich nach einem Fußballspiel 2:2. Alle Fans verlassen aufgebracht das Stadion. Der Schiedsrichter schien bestochen und gewährte dem FC Öse ein Abseitstor, gab für eine eindeutige Schwalbe einen Elfmeter für FC Öse und stellte zum Schluss noch einen schlimm gefoulten Hackener wegen angeblichen Maulens vom Platz, ohne den Ösener, der sein Bein stehen gelassen hatte, auch nur zu ermahnen. Das Ergebnis ist zwar gleich, das Spiel wurde aber als extrem unfair empfunden. Damit gilt auch das Ergebnis als ungerecht.
Ganz anders beim FC Fuss, der im Heimspiel dem TSV Ball mit 1:4 unterliegt. Keiner der Fans empfindet das ungleiche Ergebnis als ungerecht. Die TSV-ler waren einfach die bessere Mannschaft, haben nicht gefoult, und auch der Schiedsrichter hat unparteiisch gepfiffen. Das Ergebnis ist zwar ungleich, aber das Spiel war fair und damit wird das Ergebnis trotzdem als gerecht empfunden.
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