Haftlmeier-Seiffert, Rena

Perspektivwechsel – vom Investor zum Eigenkapitalpartner

in: ZusammenWachsen. Dialogmedium für Unternehmerfamilien 01/2015, S. 10

Familienunternehmer denken bei dem Wort Kapitalbeteiligung oder Private Equity oft zunächst an Finanzinvestoren, die man möglichst nicht im eigenen Unternehmen haben möchte. Diese nicht immer unbegründeten Vorbehalte basieren auf folgenden Erfahrungen oder Befürchtungen: Erstens werde die eigene unternehmerische Freiheit und Unabhängigkeit durch die Investoren massiv beschnitten, zweitens unterlägen unternehmerische Strategien fortan der Investorenmentalität, die hohe Renditen zum Selbstzweck erklärten und nicht als Mittel zum Zweck verstünden, und drittens diene die Finanzinvestition ausschließlich dem Ziel einer kompletten Übernahme und im Anschluss daran dem lukrativen Unternehmensverkauf. Deshalb bedeutet für viele Unternehmer die Aufnahme von Eigenkapitalbeteiligungen den Anfang vom Ende des eigenen Familienunternehmens.

Ganz abgesehen davon, dass nicht alle Private Equity Gesellschaften ‚Heuschrecken‘ sind oder sein müssen und manche durchaus bereit sind, als Co-Investoren Minderheitenbeteiligungen zu akzeptieren, und dass manche großen Sachverstand mitbringen und damit dem Unternehmen konstruktiv helfen können, eine Krise nicht nur finanztechnisch, sondern auch strukturell und inhaltlich zu überwinden, haben mache Familienunternehmen durchaus gute Erfahrung mit Finanzinvestoren gemacht. Denn selbst wenn die meisten erzählen, dass es ein großer Kraftakt war, sich nach einiger Zeit von den Finanzinvestoren zu befreien und die Anteile wieder zurück zu kaufen, so geben sie gleichzeitig (hinter vorgehaltener Hand) zu, dass sie erstens die nötigen Umstrukturierungen niemals alleine schaffen hätten können, da ihnen das professionelle Know-how dazu gefehlt habe und zweitens die Eigenkapitalbeteiligung sowieso die einzigen Möglichkeit gewesen sei, an frisches Geld zu gelangen, weil alle Banken oder anderen Geldgeber längt abgewinkt hatten. Sie standen quasi mit dem Rücken zur Wand und die Flucht nach vorn stellte die Akzeptanz eines Investors dar.

Um dem Begriff ‚Investor‘ die bei Familienunternehmern damit oft verbundene Assoziation des Verlusts des eigenen Unternehmens zu nehmen und die durchaus auch vorhandenen Chancen aufzuzeigen, hilft ein bewusster Perspektivwechsel.

Gedankenspiel:
Einige Familienunternehmen tun sich zusammen und geben quasi im Tausch Anteile an ein anderes Familienunternehmen ab, um im Gegenzug solche bei sich aufzunehmen.

Da es allerdings einem besonderen Zufall gleichkäme, wenn dies ausgerechnet zwischen zwei Unternehmungen eins zu eins und bilateral möglich wäre, ist in diesem Zusammenhang auch an einen Ringtausch oder kleinen Pool zu denken.

Fiktives Beispiel:
Der sehr saisonabhängige Bikini-Produzent investiert in einen Betreiber einer Skiliftanlage, um so die kurze sommerliche Saison übers Jahr abzufedern. Dieser will sich aber nicht an dem Sommergeschäft des Bikini-Herstellers selbst beteiligen, sondern nimmt lieber die durch ihn erhaltenen Mittel, um in einen Schneekanonenhersteller zu investieren, da diese seine Skilifte profitabler machen, indem sie die Skisaison verlängern und die Abhängigkeit vom natürlichen Schnee verringern. Der Schneekanonen-Hersteller benutzt das erhaltene Kapital aber wiederum, um in einen Urlaubsveranstalter zu investieren, der sich vor allem auf Wintersport spezialisiert hat und Schneesicherheit bei seinen Angeboten garantiert. Dieser leidet allerdings unter dem Winter-Saisongeschäft und möchte sich deshalb bei einem sommersaisonabhängigen Unternehmen einkaufen. Womit wir wieder bei dem Bikini-Produzenten wären und den Ring dieses Gedankenspiels geschlossen hätten.

Perspektivwechsel


Selbst als Investor auftreten und damit diversifizieren:
Bisher haben meist nur sehr große (Familien-) Unternehmen die finanziellen Mittel zu Firmenbeteiligungen und Diversifikation. Allerdings sehen sich natürlich auch die nicht ganz so großen (Familien-) Unternehmen durchaus dem Risiko des Totalverlusts ausgesetzt, wenn sich Bedingungen etc. extern und ohne eigenes Zutun schnell ändern und auch nicht beeinflussen lassen. Beteiligt sich das eigene Unternehmen mit einem Minderheitenanteil an einem anderen Familienunternehmen und gibt gleichzeitig eigene Anteile an ein anderes Familienunternehmen ab (quasi als geschickter ‚Eigenkapitaltausch‘), ließe sich auch ohne wesentliche (zusätzliche) Finanzkraft sowohl eine horizontale Risikominimierung verwirklichen wie auch die vertikale Wertschöpfungskette aktivieren. Familienunternehmen wären somit selbst auch Investoren und hätten damit die Seite gewechselt.

Vertrauen in Kapitalbeteiligungen:
Ganz abgesehen von der horizontalen Risikostreuung und der vertikalen Wertschöpfungsmöglichkeit, die auf der Hand liegen, hätten solche gegenseitigen Beteiligungen einige wunderbare Nebeneffekte. Die Unternehmungen wären es nämlich sozusagen gewöhnt, dass es Eigenkapitalbeteiligungen am eigenen Unternehmen gibt, sie bauen Vertrauen auf und Misstrauen ab. Wenn dann einmal Eigenkapitalbeteiligungen nötig sein sollten, um frische Liquidität zu beschaffen, sind die Hürden wesentlich geringer. (Nicht zuletzt auch weil die Familienunternehmen ganz anders aufgestellt sind, was im Folgenden beschrieben wird).

Transparenz und Professionalisierung:
Familienunternehmen sind nicht selten aufgrund von nach und nach gewachsenen Strukturen und gelebten Werten und häufiger Personenzentrierung (auf allen Ebenen) zwar allen Beteiligten komplett verständlich aber für Außenstehende schwer begreifbar. Solche Strukturen sind natürlich per se weder schlecht noch gut (und können extrem erfolgreich sein), es ist nur schwierig, wenn auf diese Weise organisierte Unternehmen auf Finanzinvestoren treffen. Wären nun aber Familienunternehmen entsprechend unserem obigen Gedankenspiel ineinander investiert, so sind sie bei allem gegenseitigen Vertrauen trotzdem gezwungen, eine größere Transparenz und klare Strukturen zu etablieren, damit der beteiligte Partner gut informiert werden kann, denn schließlich will man selbst ja auch gut über die eigene Investition informiert sein. Ein ‚Anteilstausch‘ trüge damit erheblich zur Transparenz im eigenen Unternehmen bei. Wieder wird es bei einer eventuell nötigen Kapitalbeschaffung durch Finanzinvestoren wesentlich einfacher sein, sich gegenseitig zu verstehen.

Befriedung:
Alle bisherigen Argumente für eine Co-Investition von Familienunternehmen beziehen sich auf unternehmerische Strategien. Gegenseitige Beteiligungen können aber auch familienstrategisch sehr hilfreich sein. Gesellschafterkreise sind systembedingt (und nicht aufgrund irgendwelcher Unzulänglichkeiten von Personen) ziemlich konfliktanfällig und Meinungsverschiedenheiten eskalieren aufgrund von sehr einfach und schnell empfundenen Kränkungen, die dem System Unternehmerfamilie immanent sind, schnell zu Konflikten. Diesen wirken die oben beschriebene Transparenz und klare Informationen und Strukturen genauso entgegen wie auch die Tatsache, dass sich ‚fremde‘ Dritte und quasi familienneutrale Gesellschafter mit im Gesellschafterkreis befinden. Das hat in der Regel einen ausgleichenden und deeskalierenden Effekt und wirkt damit konfliktminimierend. Und dies ist durchaus nicht nur um der Familie willen wünschenswert, sondern auch um des Unternehmens willen, denn jeder Unternehmer weiß, dass ein zerstrittener Gesellschafterkreis und gekränkte Mitglieder unternehmerische Entscheidungen unmöglich machen können.

Co-Investoren sind also, wenn sie sich als Eigenkapitalpartner verstehen und ebenfalls aus der Mitte der Familienunternehmen stammen und nicht zu den allseits bei Familienunternehmen zu Recht wenig geliebten Finanzoptimierern-um-jeden-Preis zählen, eine gute unternehmerische Möglichkeit und sogar Stütze, die vielfältige positive Auswirkungen haben können, die weit über die reine Finanzbeschaffung hinausgehen.

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Private Equity
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Familienunternehmer denken bei dem Wort Kapitalbeteiligung oder Private Equity oft zunächst an Finanzinvestoren, die man möglichst nicht im eigenen Unternehmen haben möchte. Diese nicht immer unbegründeten Vorbehalte basieren auf folgenden Erfahrungen oder Befürchtungen: Erstens werde die eigene unternehmerische Freiheit und Unabhängigkeit durch die Investoren massiv beschnitten, zweitens unterlägen unternehmerische Strategien fortan der Investorenmentalität, die hohe Renditen zum Selbstzweck erklärten und nicht als Mittel zum Zweck verstünden, und drittens diene die Finanzinvestition ausschließlich dem Ziel einer kompletten Übernahme und im Anschluss daran dem lukrativen Unternehmensverkauf. Deshalb bedeutet für viele Unternehmer die Aufnahme von Eigenkapitalbeteiligungen den Anfang vom Ende des eigenen Familienunternehmens.

Ganz abgesehen davon, dass nicht alle Private Equity Gesellschaften ‚Heuschrecken‘ sind oder sein müssen und manche durchaus bereit sind, als Co-Investoren Minderheitenbeteiligungen zu akzeptieren, und dass manche großen Sachverstand mitbringen und damit dem Unternehmen konstruktiv helfen können, eine Krise nicht nur finanztechnisch, sondern auch strukturell und inhaltlich zu überwinden, haben mache Familienunternehmen durchaus gute Erfahrung mit Finanzinvestoren gemacht. Denn selbst wenn die meisten erzählen, dass es ein großer Kraftakt war, sich nach einiger Zeit von den Finanzinvestoren zu befreien und die Anteile wieder zurück zu kaufen, so geben sie gleichzeitig (hinter vorgehaltener Hand) zu, dass sie erstens die nötigen Umstrukturierungen niemals alleine schaffen hätten können, da ihnen das professionelle Know-how dazu gefehlt habe und zweitens die Eigenkapitalbeteiligung sowieso die einzigen Möglichkeit gewesen sei, an frisches Geld zu gelangen, weil alle Banken oder anderen Geldgeber längt abgewinkt hatten. Sie standen quasi mit dem Rücken zur Wand und die Flucht nach vorn stellte die Akzeptanz eines Investors dar.

Um dem Begriff ‚Investor‘ die bei Familienunternehmern damit oft verbundene Assoziation des Verlusts des eigenen Unternehmens zu nehmen und die durchaus auch vorhandenen Chancen aufzuzeigen, hilft ein bewusster Perspektivwechsel.

Gedankenspiel:
Einige Familienunternehmen tun sich zusammen und geben quasi im Tausch Anteile an ein anderes Familienunternehmen ab, um im Gegenzug solche bei sich aufzunehmen.

Da es allerdings einem besonderen Zufall gleichkäme, wenn dies ausgerechnet zwischen zwei Unternehmungen eins zu eins und bilateral möglich wäre, ist in diesem Zusammenhang auch an einen Ringtausch oder kleinen Pool zu denken.

Fiktives Beispiel:
Der sehr saisonabhängige Bikini-Produzent investiert in einen Betreiber einer Skiliftanlage, um so die kurze sommerliche Saison übers Jahr abzufedern. Dieser will sich aber nicht an dem Sommergeschäft des Bikini-Herstellers selbst beteiligen, sondern nimmt lieber die durch ihn erhaltenen Mittel, um in einen Schneekanonenhersteller zu investieren, da diese seine Skilifte profitabler machen, indem sie die Skisaison verlängern und die Abhängigkeit vom natürlichen Schnee verringern. Der Schneekanonen-Hersteller benutzt das erhaltene Kapital aber wiederum, um in einen Urlaubsveranstalter zu investieren, der sich vor allem auf Wintersport spezialisiert hat und Schneesicherheit bei seinen Angeboten garantiert. Dieser leidet allerdings unter dem Winter-Saisongeschäft und möchte sich deshalb bei einem sommersaisonabhängigen Unternehmen einkaufen. Womit wir wieder bei dem Bikini-Produzenten wären und den Ring dieses Gedankenspiels geschlossen hätten.

Perspektivwechsel


Selbst als Investor auftreten und damit diversifizieren:
Bisher haben meist nur sehr große (Familien-) Unternehmen die finanziellen Mittel zu Firmenbeteiligungen und Diversifikation. Allerdings sehen sich natürlich auch die nicht ganz so großen (Familien-) Unternehmen durchaus dem Risiko des Totalverlusts ausgesetzt, wenn sich Bedingungen etc. extern und ohne eigenes Zutun schnell ändern und auch nicht beeinflussen lassen. Beteiligt sich das eigene Unternehmen mit einem Minderheitenanteil an einem anderen Familienunternehmen und gibt gleichzeitig eigene Anteile an ein anderes Familienunternehmen ab (quasi als geschickter ‚Eigenkapitaltausch‘), ließe sich auch ohne wesentliche (zusätzliche) Finanzkraft sowohl eine horizontale Risikominimierung verwirklichen wie auch die vertikale Wertschöpfungskette aktivieren. Familienunternehmen wären somit selbst auch Investoren und hätten damit die Seite gewechselt.

Vertrauen in Kapitalbeteiligungen:
Ganz abgesehen von der horizontalen Risikostreuung und der vertikalen Wertschöpfungsmöglichkeit, die auf der Hand liegen, hätten solche gegenseitigen Beteiligungen einige wunderbare Nebeneffekte. Die Unternehmungen wären es nämlich sozusagen gewöhnt, dass es Eigenkapitalbeteiligungen am eigenen Unternehmen gibt, sie bauen Vertrauen auf und Misstrauen ab. Wenn dann einmal Eigenkapitalbeteiligungen nötig sein sollten, um frische Liquidität zu beschaffen, sind die Hürden wesentlich geringer. (Nicht zuletzt auch weil die Familienunternehmen ganz anders aufgestellt sind, was im Folgenden beschrieben wird).

Transparenz und Professionalisierung:
Familienunternehmen sind nicht selten aufgrund von nach und nach gewachsenen Strukturen und gelebten Werten und häufiger Personenzentrierung (auf allen Ebenen) zwar allen Beteiligten komplett verständlich aber für Außenstehende schwer begreifbar. Solche Strukturen sind natürlich per se weder schlecht noch gut (und können extrem erfolgreich sein), es ist nur schwierig, wenn auf diese Weise organisierte Unternehmen auf Finanzinvestoren treffen. Wären nun aber Familienunternehmen entsprechend unserem obigen Gedankenspiel ineinander investiert, so sind sie bei allem gegenseitigen Vertrauen trotzdem gezwungen, eine größere Transparenz und klare Strukturen zu etablieren, damit der beteiligte Partner gut informiert werden kann, denn schließlich will man selbst ja auch gut über die eigene Investition informiert sein. Ein ‚Anteilstausch‘ trüge damit erheblich zur Transparenz im eigenen Unternehmen bei. Wieder wird es bei einer eventuell nötigen Kapitalbeschaffung durch Finanzinvestoren wesentlich einfacher sein, sich gegenseitig zu verstehen.

Befriedung:
Alle bisherigen Argumente für eine Co-Investition von Familienunternehmen beziehen sich auf unternehmerische Strategien. Gegenseitige Beteiligungen können aber auch familienstrategisch sehr hilfreich sein. Gesellschafterkreise sind systembedingt (und nicht aufgrund irgendwelcher Unzulänglichkeiten von Personen) ziemlich konfliktanfällig und Meinungsverschiedenheiten eskalieren aufgrund von sehr einfach und schnell empfundenen Kränkungen, die dem System Unternehmerfamilie immanent sind, schnell zu Konflikten. Diesen wirken die oben beschriebene Transparenz und klare Informationen und Strukturen genauso entgegen wie auch die Tatsache, dass sich ‚fremde‘ Dritte und quasi familienneutrale Gesellschafter mit im Gesellschafterkreis befinden. Das hat in der Regel einen ausgleichenden und deeskalierenden Effekt und wirkt damit konfliktminimierend. Und dies ist durchaus nicht nur um der Familie willen wünschenswert, sondern auch um des Unternehmens willen, denn jeder Unternehmer weiß, dass ein zerstrittener Gesellschafterkreis und gekränkte Mitglieder unternehmerische Entscheidungen unmöglich machen können.

Co-Investoren sind also, wenn sie sich als Eigenkapitalpartner verstehen und ebenfalls aus der Mitte der Familienunternehmen stammen und nicht zu den allseits bei Familienunternehmen zu Recht wenig geliebten Finanzoptimierern-um-jeden-Preis zählen, eine gute unternehmerische Möglichkeit und sogar Stütze, die vielfältige positive Auswirkungen haben können, die weit über die reine Finanzbeschaffung hinausgehen.

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