Wieder einmal treffen Kirsten Baus und ihr Co-Autor mit ihrer Veröffentlichung ins Zentrum eines Themas, das beinahe jede Unternehmerfamilie umtreibt: Wie kann das Familienunternehmen erhalten und geschützt werden, auch wenn es in den Familien (wie in unserer Gesellschaft überhaupt) Eheschließungen, Scheidungen, neue Ehen oder andere Lebenspartnerschaften gibt, aus denen unterschiedlich verwandte Kinder hervorgehen oder in die Kinder mitgebracht werden?
Die Autor*innen ebnen den Weg geschickt, um die häufig als vorübergehend vermuteten Lebensabschnittsgefährten leichter zu akzeptieren, indem sie richtig darauf hinweisen, dass die lebenslange bürgerliche Ehe historisch eher die Ausnahme darstellt und die Pluralität der Lebensformen die Regel war. Denn unser normatives Bild von der bürgerlichen Ehe und Familie wurde ausschließlich in den wenigen Dekaden der Wirtschaftswunderzeit nach dem 2. Weltkrieg zur allgemeinen Realität. Schön wäre es nun, wenn diese Erkenntnis nicht nur als Tatsache geschildert würde. Gerne würden wir wissen, wie die Menschen der früheren Epochen mit den vielfältigen Ehe- und Lebensformen umgegangen sind und wie sie ihren Besitz trotzdem sicherten. Vielleicht gab und gibt es ja Muster, die uns helfen? Wie wurde es in den zünftigen Handwerkerfamilien geregelt, wenn eine junge Witwe, die den Betrieb ihres verstorbenen Mannes weiterführte, sich einen Gesellen zum zweiten Mann und Werkstattvorsteher nahm? Wie verfuhren die Besitzer*innen der frühneuzeitlichen großen Handelshäuser bei Zweit- und Drittehen?
Kurz und prägnant zeigen Kirsten Baus und Rainer Lorz, wie manche Familien heutzutage die (möglicherweise nur kurzzeitigen) Ehe- und Lebenspartner*innen bewusst ausgrenzen und wie andere Familien gerade diese integrieren – beide mit dem ausdrücklichen Ziel, den Erhalt der Firma zu sichern. Hier beziehen die Autor*innen Stellung und plädiert für die Öffnung und großzügige Auslegung des Familienbegriffs. Auch wenn dies für manche Unternehmerfamilie schwer anzunehmen sein mag. Denn Kirsten Baus und Rainer Lorz wissen aus Erfahrung: "Wenn man Schwiegerkinder komplett außen vor hält, muss man sich nicht wundern, wenn es den Enkeln später an Interesse fehlt oder sie dem Unternehmen gegenüber sogar feindlich eingestellt sind".
Dr. Rena Haftlmeier-Seiffert