Beirat in Familenunternehmen

Anders als ein Aufsichtsrat wird ein Beirat freiwillig installiert und unterliegt in seiner Ausgestaltung keinerlei rechtlichen Vorgaben. Er stellt ein (zusätzliches) Gremium dar, dessen Aufgabe es ist, sowohl die Geschäftsführung als auch die Gesellschafter eines Unternehmens zu unterstützen. Außerdem kann er als Bindeglied zwischen der Eigentümerfamilie und der Unternehmensleitung fungieren.
Fast alle erfolgreichen und älteren Familienunternehmen haben einen Beirat in wirtschaftlich und personell stabilen Zeiten (und nicht erst während einer Krise) eingerichtet.

Funktion:
(1) In erster Linie wird dem Beirat in der Regel eine beratende Funktion zugewiesen. Er trifft selbst keine Entscheidungen, sondern hilft durch Fachwissen und persönliche Kompetenz den Gesellschaftern und der Geschäftsführung bei deren Entscheidungen.
(2) Außerdem kann dem Beirat eine Kontrollfunktion übertragen werden. Dies wird vor allem dann gewünscht, wenn Eigentümer sich entweder nicht genügend qualifiziert fühlen oder nur begrenzte Zeit zur Verfügung haben, die Geschäftsführung zu überwachen.
(3) Zudem kommt dem Beirat häufig eine Scharnierfunktion zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführung zu. Er hilft dabei, die jeweiligen Meinungen und Anliegen sozusagen in die Sprache des jeweils anderen zu übersetzen und somit deren Dialog zu befördern.
(4) Darüber hinaus wird häufig vom Beirat erwartetet, dem Unternehmen oder der Unternehmerfamilie fehlende Fachexpertise zur Verfügung zu stellen (vor allem bei nicht zentralen aber möglicherweise im Sonderfall trotzdem punktuell wichtigen Themen).
(5) Zudem wird dem Beirat als neutrale dritte Instanz oft die Aufgabe zugeweisen, divergierende Meinungen im Gesellschafterkreis zu koordinieren und gerade bei stark emotionalen Familien drohende Konflikte zu versachlichen.
(6) Im Falle des Generationswechsels wächst dem Beirat häufig eine wichtige Funktion zu, da er sich über die Eignung der möglichen externen oder internen Kandidaten ein unabhängiges und neutrales Bild machen kann.
(7) Gerade wenn prominente und bekannte Persönlichkeiten dem Beirat angehören, so kommt ihm eine imagefördernde Funktion zu, die die Reputation des Unternehmens unterstützt.
(8) Auch im (internen) Notfall kann der Beirat eine wesentliche Funktion übernehmen. Bei plötzlichem und unerwartetem Ausfall der Geschäftsführung kümmert sich der Beirat schnell um eine kompetente Neubesetzung und leitet währenddessen die Geschäfte und übernimmt das Interimsmanagement.
(9) Bei (externen) Unternehmenskrisen kann die Funktion des Beirats sein, dabei zu helfen, das Unternehmen in der instabilen Phase einer Neustrukturierung durch eigene Kompetenzen oder durch Netzwerke zu stabilisieren.
Besetzung:
Auch wenn viele Familienunternehmen ihre Stärke aus einer Kultur des Vertrauens und der Vertrautheit (mit Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten, Beratern etc.) ziehen, sollte ein professioneller Beirat in Familienunternehmen möglichst aus persönlich und materiell unabhängigen Persönlichkeiten bestehen. Also Personen, die weder zum nahen Freundeskreis der Eigentümerfamilie zählen, noch ein Mandat (als Steuer- oder Finanzberater, als Anwalt o.ä.) im Unternehmen oder bei der Familie innehaben. Idealerweise ergänzen sie sich in ihren Kompetenzen komplementär. Die Anzahl der Mitglieder kann variieren. Eine ungerade Zahl (häufig fünf) hat sich als praktikabel erwiesen, damit keine Pattsituation entstehen kann.
Bei der Besetzung des Beirats ist es sinnvoll, dass bei Firmen mit einer Geschäftsführung, die die Eigentümerfamilie stellt, mehr externe Beiratsmitglieder berufen werden, während bei einer reinen Fremdgeschäftsführung die Familie im Beirat durchaus angemessen vertreten sein sollte.
Weiterführende Literatur:
Kormann, Hermut, Beiräte in der Verantwortung. Aufsicht und Rat in Familienunternehmen, Verlag: Springer, Berlin u.a. 2008, ISBN 978-3-540851493
Obermaier, Otto W., Der Beirat als Schlüsselinstrument langfristigen Unternehmenserfolgs, in: EQUA-Stiftung (Hrsg.), Gesellschafterkompetenz. Die Verantwortung der Eigentümer von Familienunternehmen, Verlag: Unternehmer Medien, Bonn 2011, ISBN 978-3-937960128, S. 261-269
→ Nachfolgewiki: Beirat
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